Die Erwartungen der Analysten an das Halbjahresergebnis von Nestlé waren hoch - rückblickend wohl etwas zu hoch. Der Nahrungsmittelmulti aus Vevey erzielte zwischen April und Juni zwar eine leichte organische Wachstumsbeschleunigung. Für die erste Jahreshälfte resultiert erwartungsgemäss ein organisches Umsatzwachstum von 3,6 Prozent.

Dennoch fällt der Halbjahresumsatz am ganz unteren Ende der Erwartungsbandbreite aus. Eine eher unschöne Überraschung ist auch der Gewinnrückgang um fast 15 Prozent auf weniger als 5 Milliarden Franken. Analysten waren durchschnittlich von einem Halbjahresgewinn von 5,3 Milliarden Franken ausgegangen.

Auch die vorsichtigen Aussagen des Finanzchefs zur zukünftigen Absatzentwicklung im Schlüsselmarkt China und zur Entwicklung der Rohstoffpreise in der zweiten Jahreshälfte kommen nicht gut an.

Dank erfreulichen Fortschritten beim sogenannten Trading Operating Profit (bereinigter EBIT) erfassen Anschlusskäufe die Nestlé-Aktie. Nach einem Vorstoss auf ein neues Rekordhoch bei 104,98 Franken, gewinnt sie zur Stunde noch 2,6 Prozent auf 104,92 Franken.

Sind die Wachstumsvorgaben konservativ?

Aus Sicht der Zürcher Kantonalbank gelingt Nestlé wie erwartet ein gutes Halbjahresergebnis mit einer Verbesserung beim organischen Umsatzwachstum (von 3,4 Prozent im ersten Quartal auf 3,8 Prozent im zweiten Quartal) und einer starken Verbesserung der bereinigten EBIT-Marge (von 16,1 auf 17,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Die Zürcher Kantonalbank zufolge wird die Vergleichsbasis aus dem Vorjahr in der zweiten Jahreshälfte jedoch höher. Den rund 6 Prozent tiefer als erwartet ausgefallenen Halbjahresgewinn erklärt sie sich einerseits mit höheren Sonderaufwendungen, andererseits aber auch mit einem leicht schlechteren Finanzergebnis und einer höheren Steuerquote. Das Anlageurteil lautet weiterhin "Marktgewichten".

Die US-Investmentbank Jefferies zeigt sich ebenfalls erfreut, was die Wachstumsbelebung und die Margenverbesserungen anbetrifft. Nestlé habe einen starken Zahlenkranz vorgelegt, so schreibt sie weiter. Einzig an den beibehaltenen Wachstumsvorgaben für das Gesamtjahr stösst man sich bei der US-Investmentbank ein bisschen. Nestlé strebt ein organisches Umsatzwachstum von 3,5 Prozent an und signalisiert so eine Wachstumsverlangsamung in der zweiten Jahreshälfte. Gemäss Jefferies könnte sich dies als zu vorsichtig erweisen. Die Aktie wird deshalb weiterhin mit einem Kursziel von 115 Franken zum Kauf empfohlen.

Auch sonst fallen die Analystenkommentare vorwiegend positiv aus. Der britischen Barclays zufolge erzielte Nestlé im zweiten Quartal das stärkste interne Realwachstum seit Jahren und die UBS sieht die Markterwartungen auf sämtlichen Ebenen übertroffen. Wie Kepler Cheuvreux schreibt, könnten die bis Ende 2020 angestrebten Umsatz- und Margenziele bereits im laufenden Jahr erreicht werden.

Aktie braucht dringend neue Kursimpulse

Den Dividendenabgang von Mitte April mitberücksichtigt, errechnet sich für die Nestlé-Aktie seit Jahresbeginn ein sattes Plus von 32 Prozent. Damit ist das Schwergewicht beim Swiss Market Index (SMI) für mehr als die Hälfte des diesjährigen Anstiegs um gut 1500 Punkte verantwortlich.

Wie die Zürcher Kantonalbank schreibt, weist Nestlé auf Basis der Gewinnschätzungen für die nächsten 12 Monate ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 25 auf. Das entspreche einem Aufschlag von gut 40 Prozent gegenüber dem historischen Durchschnittswert von knapp 18, so die Bank weiter. Mit rund 91 Franken ergibt auch das Discounted-Cash-Flow-Modell der Zürcher Kantonalbank einen deutlich unter den aktuellen Kursnotierungen liegenden fairen Aktienkurs.