Der Zusammenbruch des US-Hedgefonds Archegos Capital kommt die Credit Suisse teuer zu stehen. Die Schweizer Grossbank verbucht in dem Zusammenhang eine Belastung von 4,4 Milliarden Franken. Für das erste Quartal stellte das Institut einen Vorsteuerverlust von rund 900 Millionen Franken in Aussicht, der Rückkauf eigener Aktien wird suspendiert und die für 2020 geplante Dividende gekürzt. Zudem verlassen Risikochefin Lara Warner und Investmentbanking-Chef Brian Chin das Institut.

Analysten kommentieren die Entwicklung wie folgt:

MICHAEL KUNZ, ZÜRCHER KANTONALBANK (ZKB):

"Ein Einzelfall hat die ansonsten erfolgreiche Arbeit der Gesamtbank im ersten Quartal zunichtegemacht. Immerhin wurden nun - unseres Erachtens fällige - personelle Konsequenzen gezogen. Den Hauptschaden haben allerdings die Aktionäre, die mit geringerer Dividende und ausgesetztem Aktienrückkauf vorliebnehmen müssen. Angesichts der Risikoanfälligkeit der Bank in einem an und für sich vorteilhaften Marktumfeld erscheint uns das Verhältnis von Risiken zu Chancen nicht angetan, um Wetten in den Valoren der CS Group zu empfehlen."

ANDREAS VENDITTI, BANK VONTOBEL:

"Die Kosten von 4,4 Milliarden Franken für Archegos liegen am oberen Ende der Spanne. Der Vorsteuerverlust im ersten Quartal 2021 wird jedoch dank sehr starker operativer Ergebnisse auf 0,9 Milliarden Franken begrenzt. Während die kurzfristigen Auswirkungen weniger schwerwiegend zu sein scheinen als befürchtet, werden die vollen Folgen des Reputationsverlustes erst im Laufe der Zeit sichtbar werden.

CEO Gottstein wird mit den Worten zitiert, dass 'ernsthafte Lektionen gelernt werden müssen'. Zusätzlich zu den Veränderungen im Vorstand sind wir gespannt auf die 'weitergehenden Konsequenzen' der Untersuchungen des Verwaltungsrates."

NAEEM ASLAM, AVATRADE:

"Das Leiden ist für die Credit Suisse noch nicht vorbei, und es scheint, als stünden der Bank noch viele dunkle Tage bevor. Heute wurden mehrere Abgänge von hochrangigen Mitarbeitern bekanntgegeben. Und obendrein kündigte die Bank an, dass sie eine Dividendenkürzung vorschlagen wird. All dies kommt zur Unzeit. Aber der Fallout von Archegos ist zu einem Alptraum für die Credit Suisse geworden und die Bank muss die richtigen Massnahmen setzen, um zu überleben. Die Verluste sind einfach zu gross, um sie zu schlucken.

Es wird für die Investoren schwer zu verkraften sein, dass zwei talentierte, hochrangige Mitarbeiter wie Investmentbanking-CEO Brian Chin und die Risikochefin Lara Warner die Bank verlassen. Aber jemand musste zur Verantwortung gezogen werden, und diese beiden hat es getroffen."

OMKAR JOSHI, OPAL CAPITAL MANAGEMENT:

"Ich weiss, dass sie das Management auswechseln müssen und das ist genau das, was man in jedem Unternehmen tun muss, wenn so etwas passiert. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich etwas ändert.

Sie haben sich wahrscheinlich zu langsam bewegt und sie hätten das tun können, was Goldman oder Morgan Stanley getan haben und sich schneller bewegen... Aber die Realität ist, dass irgendjemand bei der ganzen Sache Geld verlieren würde. Am Ende des Tages zwingt der Wettbewerb dazu, dass die Margin-Anforderungen unter allen Prime-Brokern ähnlich sind."

(Reuters)