Die deutsche Notenbank erwirtschaftete 2020 lediglich ein ausgeglichenes Ergebnis, nachdem noch im Jahr zuvor ein Bilanzgewinn von 5,9 Milliarden Euro erzielt worden war, wie sie am Mittwoch in Frankfurt mitteilte. "Die erhöhte Risikovorsorge ist der Hauptgrund, weshalb die Bundesbank für 2020 ein ausgeglichenes Jahresergebnis ausweist und zum ersten Mal seit 1979 keinen Gewinn ausschüttet", sagte Notenbank-Chef Jens Weidmann. Wegen der Risiken erhöhte die Bundesbank ihre Wagnisrückstellung deutlich.

Vor allem die Zinsänderungsrisiken und die Ausfallgefahren im Zusammenhang mit den geldpolitischen Anleihekäufen nahmen kräftig zu. Weidmann nannte unter anderem die umfangreichen Käufe von Firmenanleihen. Die Bundesbank erhöhte 2020 ihre Wagnisrückstellung, die solche Gefahren absichert, um 2,4 Milliarden Euro auf 18,8 Milliarden Euro. Die gestiegenen Risiken würden damit aber nur zum Teil abgedeckt, sagte Weidmann. "Für das laufende Jahr erwarten wir daher eine weitere Aufstockung der Wagnisrückstellung, zumal mit einer grundlegenden Änderung der Risikolage nicht zu rechnen ist." Das Ergebnis 2020 wurde zudem durch höhere Zinsaufwendungen und gesunkene Zinserträge belastet.

BUNDESBANK ERWARTET SCHWACHES ERSTES QUARTAL

Die Bundesbank erwartet für das erste Quartal des laufenden Jahres einen Rückgang der Wirtschaftsleistung. Dieser werde jedoch deutlich schwächer ausfallen als der Einbruch im ersten Halbjahr 2020, sagte Weidmann. Effektive Impfstoffe seien rascher entwickelt als vielfach erwartet worden sei. "Wenn es mit ihrer Hilfe gelinge, die Pandemie in den Griff zu bekommen, wird sich die deutsche Wirtschaft dauerhaft erholen." Der Ausblick bleibe jedoch hochgradig unsicher. "Ein Risiko ist insbesondere die Verbreitung neuer, gefährlicherer Virusvarianten." Die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft sei insgesamt aber gross genug, um eine womöglich längere Durststrecke zu überstehen.

Die Bundesbank rechnet damit, dass die Inflationsrate nach der sogenannten HVPI-Messung zum Jahresende 2021 hin vorübergehend auf über drei Prozent steigen wird. Im Jahresdurchschnitt wird eine Teuerung erwartet, die leicht über 1,8 Prozent liegt. Für 2022 werde weiterhin nur mit einem verhaltenen Preisauftrieb gerechnet, sagte Weidmann. "Ein hartnäckigerer Inflationsanstieg würde ein stärkeres Lohnwachstum voraussetzen, das sich derzeit jedoch nicht abzeichnet", sagte er. Die Notenbank geht zudem davon aus, dass die Zahl der Unternehmensinsolvenzen deutlich steigen wird.

Weidmann äusserte sich auch zum jüngsten Anstieg der Renditen von Staatsanleihen der Euro-Länder. Das hatte unter anderem Befürchtungen ausgelöst, mitten in der Pandemie könnten sich die Kreditkosten für Unternehmen und Haushalte erhöhen. Doch Weidmann zufolge ist derzeit keine durchgreifende Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen zu sehen. Sie seien im historischen Vergleich sehr günstig. Grundsätzlich seien die Währungshüter aber vorbereitet. So könne die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrem Anleihekaufprogramm PEPP die Kaufvolumina jederzeit flexibel anpassen. 

(Reuters)