Der Sprung über die Marke von 100 Franken gelang der Aktie des Basler Pharmaunternehmens am Donnerstagnachmittag kurz nach 16 Uhr. Damit nimmt die Aktie aus börsenpsychologischer Sicht eine wichtige Hürde.

Mit dem Sprung über die Marke von 100 Franken beläuft sich der Kursgewinn des Novartis-Titels seit dem SNB-Franken-Schock Mitte Januar auf 18 Prozent. Der Aufschwung - viele Beobachter sagen auch: das Erwachen - der Novartis-Aktie begann aber schon früher. Allein im letzten Jahr legte der Valor 30 Prozent zu. Richtig schlau war, wer die Aktie Anfang August 2011 gekauft hatte. Damals fiel sie auf 39 Franken. Der Wertzuwachs seither beträgt 145 Prozent.

Das ist aussergewöhnlich. Erstens für einen Blue Chip, und zweitens für eine Aktie, die sich zuvor jahrelang seitwärts bewegt hatte. Für den qualvollen Schleichgang des Titels erntete der damalige CEO und VR-Präsident Daniel Vasella regelmässig Kritik von den Investoren. Eine Kritik, welche Vasella jeweils mit seinen typischen Lächeln wegwischte. 

Ein Grund für den Aufschwung der Aktie ist der Umbau von Novartis durch Vasellas Nachfolger Jörg Reinhardt als VR-Präsident: Weg vom "Gemischtwarenladen", hin zur Spezialisierung. So wurden im letzten Jahr der defizitäre Impfstoffbereich und das Tierfuttergeschäft verkauft sowie der Onkologiesparte ausgebaut. Heute führt Novartis drei Hauptbereiche Pharma, Augenheilmittel und Generika. Der Umbau kommt schnell voran, und das Streben nach mehr Profitabilität wird von den Investoren honoriert.

Umsatzausfall durch Patentabläufe

Gerade der Generika-Bereich ist ein Beispiel dafür, wie die Pharmabranche derzeit aufgemischt wird. Grosse Hoffnungen setzen Investoren auf sogenannte Biosimilars. Das sind Nachahmerprodukte für biotechnologisch hergestellte Arzneimittel. Die Pharmabranche bemüht sich verstärkt um die Entwicklung solcher Biosimilars, um Kosten zu sparen. Sandoz, die Generika-Einheit von Novartis, könnte in Zukunft zu einem grossen Player im Biosimilar-Markt werden. Das haben auch Anleger bemerkt.

Die neuen Produkte sollen Umsatzausfälle kompensieren, worunter Novartis wegen des Wegfalls des Patenschutzes beim Blutdrucksenker Diovan seit 2011 leidet. In diesem Jahr fällt auch noch der Schutz für das Leukämiemedikament Glivec weg. Dies mit dem Wegfall der verkauften Sparten führt zu einer gesamthaft geringeren Umsatzschätzung für Novartis für das Jahr 2015.

Wahrscheinlich ist, dass die Aktie der Novartis (entstanden 1996 durch die Fusion von Ciba-Geigy und Sandoz) trotz des Anstiegs über 100 Franken, in den nächsten Wochen nicht mehr ganz so stark steigt wie etwa im Herbst des letzten Jahres. Die Aktie schwankt schon seit Anfang Februar in einem Band zwischen 90 und 100 Franken. Investoren werden ihr Augemerk vermehrt weglenken von Dividenden und Übernahmen hin zum organischen Wachstum der Firmen.  

Zwei der drei aktuellsten Analysteneinschätzungen trauen der Novartis-Aktie aber weiteres Wachstum zu. Die UBS und Kepler sehen den Kurs bei 115 Franken. Barclays dagegen sieht die Notierung in zwölf Monaten jedoch bei 98 Franken.