Die Augenheil-Tochter Alcon nehme den CyPass-Micro-Stent freiwillig vom Markt, teilte das Unternehmen aus Basel am Mittwoch mit. Chirurgen sollen das Produkt ab sofort nicht mehr verwenden. Die Empfehlung basiert auf der Analyse von postoperativen Daten, denen zufolge es beim Einsatz des Stents zu einem statistisch signifikanten Verlust von sogenannten Endothelzellen kam. Diese Zellschicht an der Innenseite von Blut- und Lymphgefässen spielt unter anderem eine wichtige Rolle bei Entzündungsprozessen.

Die Börsenpläne für Alcon seien vom CyPass-Rückruf nicht betroffen, sagte Novartis-Sprecher. Novartis will die auf Augenchirurgie und Kontaktlinsen spezialisierte Sparte im ersten Halbjahr 2019 als eigenständiges Unternehmen an die Börse bringen. Die CyPass-Umsätze sind dem Sprecher zufolge unwesentlich, und Alcons Verkaufsziele für das laufende Jahr bleiben aufrecht. Der Geschäftsbereich erzielte im ersten Halbjahr 3,6 Milliarden Dollar Umsatz. Im gesamten Jahr wird währungsbereinigt ein Zuwachs der Verkaufserlöse um einen mittleren einstelligen Prozentbetrag angepeilt. Insgesamt setzte Novartis im Zeitraum Januar bis Juni 17,3 Milliarden Dollar um.

Für mehr als 50 Milliarden Dollar gekauft

Novartis hatte die Alcon einst für mehr als 50 Milliarden Dollar von Nestlé gekauft. Die hohen Erwartungen konnte die Augenheiltochter jedoch nie erfüllen: Alcon hatte lange mit Wachstums- und Ertragsproblemen zu kämpfen und erst jüngst gelang die Trendwende.

CyPass ist ein dünnes, wenige Millimeter langes Röhrchen, das zur Regulierung des Augeninnendrucks nach Star-Operationen implantiert wird. Das Produkt wurde 2016 zugelassen. Novartis beobachtete die Patienten, die an der Zulassungsstudie teilnahmen danach weiter und schlug nun Alarm. Das Unternehmen will nun mit der US-Arzneimittelbehörde FDA und anderen Regulatoren das Gespräch suchen, um auszuloten, wie CyPass künftig eingesetzt werden kann.

Michael Nawrath, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank, veranschlagt den CyPass-Umsatz auf bis zu 100 Millionen Dollar. Weil Novartis das Produkt nun schnell vom Markt nehme, sinke die Gefahr von Klagen. "Ein Rückruf ist immer negativ", sagt Nawrath. "Aber wenn du angemessen reagierst, kannst du es vermeiden, ein potenzielles Ziel für Rechtsstreitigkeiten und Prozesskosten zu werden."

Die Anleger reagieren mit Verkäufen. Mit einem Kursabschlag von 0,6 Prozent gehören die Novartis-Aktien zu den grössten Verlierern unter den europäischen Gesundheitswerten.

(Reuters)