Am Dienstag vergangener Woche wurden Spekulationen wach, Oerlikon suche einen Käufer für das Geschäft mit Vakuumpumpen. Der in Zürich beheimatete Industriekonzern reagierte umgehend und bestätigte die Prüfung "strategischer Optionen" für diesen Geschäftszweig.
Innerhalb weniger Tage schoss die Aktie steil nach oben. Trotz einem ansehnlichen Plus von 7,5 Prozent seit Mitte Juli liegt der Kurs aber noch immer unter dem Stand von Anfang Jahr.
Verlauf der Oerlikon-Aktie in diesem Jahr, Quelle: cash.ch
Oerlikon hat sich in den letzten Jahren neu aufgestellt. Verlustreiche Bereiche wurden ins Ausland verkauft und das Kerngeschäft Oberflächenbehandlung mit der Übernahme von Sulzer Metco verstärkt. Sollte der Industriekonzern Ernst machen und sich auch vom Geschäft mit Vakuumpumpen trennen, wäre er neben der Oberflächenbehandlung nur noch in den Segmenten Textilmaschinen und Antriebstechnologie tätig.
Der Verkaufspreis für das Vakuumpumpengeschäft wird in Analystenkreisen auf 350 bis 400 Millionen Franken geschätzt. Als potenzielle Käufer werden die beiden Mitbewerber MKS Instruments und Inficon sowie zahlreiche Private Equity Firmen genannt.
Alle Zutaten für eine Erfolgsgeschichte vorhanden
Schon heute verfügt Oerlikon über Nettobarmittel im Umfang von gut 100 Millionen Franken, Pensionsverpflichtungen nicht mit eingerechnet. Branchenkenner schätzen, dass dem Unternehmen nach dem Verkauf des Geschäfts mit Vakuumpumpen bis zu 1,5 Milliarden Franken für Firmenübernahmen zur Verfügung stehen. Dazu müsste Oerlikon allerdings Fremdkapital aufnehmen, was angesichts der soliden Bilanz und der tiefen Zinsen kein Problem darstellen sollte.
Möglich wäre auch eine Kapitalrückführung an die Aktionäre in Form einer Sonderdividende oder eines Aktienrückkaufprogramms. Erst vor wenigen Monaten kündigte das Unternehmen an, künftig 50 Prozent des Jahresgewinns als Dividende auszuschütten. Aus heutiger Sicht wären das rund 0,40 Franken je Aktie, was immerhin einer Rendite von 3,3 Prozent entsprechen würde.
Der von ABB kommende CEO Brice Koch könnte das eine (gewinnverdichtende Firmenübernahmen) tun und das andere (Sonderdividende oder Aktienrückkaufprogramm) nicht seinlassen. Schliesslich gilt das Kerngeschäft Oberflächenbehandlung als stark fragmentiert. Kleinere und mittelgrosse Rivalen zum Schlucken gibt es deshalb mehr als genug. Wie auch immer: Die Aktionäre wären in allen Fällen auf der Gewinner-Seite.
Beliebtheit bei Analysten hilft nicht
Sowieso sind die Publikumsaktionäre bei Oerlikon in bester Gesellschaft. Grösster Aktionär ist der russische Milliardär Victor Vekselberg mit einem Stimmenanteil von 43,3 Prozent. Hinter vorgehaltener Hand wird sein Einstandskurs in Handelskreisen auf durchschnittlich 24 Franken geschätzt. Auf dem Höhepunkt des Solarbooms waren Anleger sogar bereit, mehr als 100 Franken je Aktie zu bezahlen.
Gemäss Erhebungen der Nachrichtenagentur AWP empfehlen sechs von acht Analysten die Aktie zum Kauf, darunter Koryphäen auf ihrem Gebiet wie die Experten von Credit Suisse, Baader Helvea oder Kepler Cheuvreux. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei knapp 14 Franken und damit um 17 Prozent über dem aktuellen Stand von rund 12 Franken.
Trotz aller Beliebtheit bei den Analysten fristet die Aktie von Oerlikon schon seit beinahe zwei Jahren ein Mauerblümchen-Dasein. Es bräuchte deshalb vermutlich nicht viel, um ihr neues Leben einzuhauchen.