Der zweite Abschied weist erstaunliche Parallelen zum ersten auf. Abrupter Abgang des CEO, abstürzender Aktienkurs mit baldiger Erholung, Analysten, die sich die Augen reiben: Das Ausscheiden von Konzernleiter Marc Funk beim Basler Chemiekonzern Lonza, Mitte November verkündet, erinnerte frappant an das Ausscheiden von Konzernleiter Richard Ridinger bei Lonza, Ende Januar verkündet.

Doch während Ridinger nach immerhin sieben "erfolgreichen" Chef-Jahren mit Dank verabschiedet wurde, gewährte Lonza seinem Nachfolger, der "aus persönlichen Gründen" ging, kein einziges Wort als Nachruf.

Was daran nach Informationen des Magazins "Bilanz" tatsächlich stimmt: Die Hintergründe für Funks Abgang sind in seiner Person zu finden, genauer: seiner Führungskultur. Denn Mitarbeiter, die "Bilanz" von einer "Angstkultur" unter Richard Ridinger berichtet hatten und mit dessen Abgang auf Besserung hofften, meldeten sich bald nach dem Chefwechsel erneut – und zwar konsterniert: Es sei unter Funk eher schlechter geworden. Der neue CEO sei unzugänglich für Mitarbeiter und taub für andere Meinungen, habe sich zudem mit einem engen Kreis von Getreuen umgeben, offenbar vor allem Kader seiner früheren Division Pharma und Biotech.

Mitarbeiterfreundlicher Baehny

Schon in Ridingers Fall galt vor allem sein "herrschaftliches" Führungsverständnis als eigentliches Problem. Vor allem Lonza-Präsident Albert Baehny gilt als Verfechter einer mitarbeiterfreundlichen Firmenkultur, die er schon als langjähriger CEO beim Sanitärkonzern Geberit installiert hatte. Den letzten Beweis trat er bei Lonza an, als er Ridinger abmontierte. Funk hätte also gewarnt sein müssen.

Nach Ridingers Abgang dürfte der Verwaltungsrat folgerichtig Funk eingeschärft haben, seine Aufgabe sei nun, Gräben zuzuschütten, die Firmenkultur zu entkrampfen und kooperativer zu gestalten. Insidern zufolge gab es Befürchtungen, ob es Funk gelingen werde, sich vom Leiter einer Division, die er erfolgreich, aber offenbar im rigiden Ridinger-Stil führte, zu einem partizipativen CEO weiterzuentwickeln – doch nach Ridingers Abgang wollte das Board keine weitere Unruhe im Konzern und dem internen Kandidaten die Chance zum Aufstieg bieten. Dies, obwohl er, abgesehen von seinen fünf Jahren als Spartenleiter unter Ridinger, kaum operative Führungserfahrung hatte – Funk ist Rechtsanwalt und diente zuvor Lonza und anderen Firmen als General Counsel.

Mit dem Verwaltungsrat gefremdelt

Doch Funk soll die neue Rolle nicht wie erhofft ausgefüllt haben. Mit dem Verwaltungsrat soll er nie die klassische Aufgabenteilung von CEO und Board als Sparringspartner gefunden, sondern eher gefremdelt haben – dabei sitzen im Board Topshots wie die langjährigen Konzernleitungsmitglieder Werner Bauer von Nestlé und Christoph Mäder von Syngenta, dazu der frühere Barry-Callebaut-Chef Jürgen Steinemann. Aber auch im Kreis der Lonza-Grossaktionäre sei es Funk nicht wirklich gelungen, Standing aufzubauen. Die Lonza-Aktie war als erste Reaktion auf Funks Abtritt abgesackt, hat sich aber inzwischen erholt.

Ersatz für Funk hatte Lonza nicht in petto. Baehny agiert vorübergehend als CEO, Mäder als Lead Independent Director. Im Sommer, spätestens aber im Herbst, heisst es, soll dann ein neuer CEO gefunden sein.

Dieser Artikel erschien zuerst  bei HZ unter dem Titel "Lonza-Chef musste gehen, weil Präsident Baehny ein Mitarbeiterfreund ist".

Dirk Ruschmann
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