Im Heimatmarkt Schweiz werden über die nächsten vier Jahre bis zu 2150 Arbeitsplätze - und damit fast jede sechste Stelle - wegfallen, wie Novartis-Chef Vasant Narasimhan am Dienstag bekanntgab. Zudem schließt der Konzern das Werk im britischen Grimsby mit rund 395 Mitarbeitern. Der Stellenabbau sei Teil eines laufenden Prozesses und hänge nicht mit dem geplanten Ausscheiden des Landes aus der Europäischen Union zusammen, erklärte der seit Februar an der Konzernspitze stehende Amerikaner.

Der Konzern aus Basel befindet sich in guter Gesellschaft. Erzrivale Roche greift wegen der Konkurrenz für seine milliardenschweren Verkaufsschlager ebenfalls zum Rotstift. Auch Novo Nordisk aus Dänemark, die japanische Takeda und der britische Pharmariese GlaxoSmithKline wollen Stellen streichen. Denn die mit hohen Gewinnmargen verwöhnte Branche verdient mit Arzneien immer weniger Geld. Die mit hohen Kosten kämpfenden staatlichen Gesundheitssysteme und private Krankenkassen drängen auf günstigere Preise. So hat sich etwa US-Präsident Donald Trump niedrigere Medikamentenpreise auf die Fahnen geschrieben. Zudem sind in zahlreichen Therapiegebieten inzwischen günstigere Nachahmermedikamente verfügbar.

Um rentabler zu werden, will Novartis die Kosten bis 2020 um eine Milliarde Dollar senken. Das Angebot verschiebe sich zunehmend von hochvolumigen Medikamenten für weit verbreitete Krankheiten hin zu spezialisierten, auf Patienten abgestimmte Arzneien, sagte Konzernlenker Narasimhan. "Wir müssen jetzt unser Produktionsnetzwerk weiter anpassen, damit es dem sich ändernden Portfolio besser entspricht." Einen weiteren Job-Abbau schloss der Amerikaner nicht aus. Novartis werde unter Berücksichtigung der angekündigten Ausgliederung der Augenheilsparte Alcon 2022 weltweit weniger als 100.000 Mitarbeiter beschäftigen. Aktuell sind es rund 125.000.

An der Börse in Zürich kletterten die Novartis-Aktien um mehr als ein Prozent und gehörten damit zu den stärksten Schweizer Bluechips. Die nun angekündigten Maßnahmen dürften nicht die Letzten sein, erklärte UBS-Analyst Michael Leuchten. Die von Novartis im Pharmageschäft angestrebte Betriebsgewinnmarge (Ebit) im mittleren 30er-Bereich erfordere Schritte zur Steigerung der Rentabilität. Im vergangenen Jahr betrug die Ebit-Marge der größten Geschäftssparte unter Ausschluss von Sonderposten 31,3 Prozent.

KONZERNSITZ UND VIER WEITERE SCHWEIZER STANDORTE BETROFFEN

Arbeitnehmervertreter liefen gegen die Abbaupläne Sturm. "Wir lassen uns von Novartis nicht den Industriestandort in Basel zerstören", erklärte etwa die Gewerkschaft der Angestellten und kritisierte die geplante Verlagerung von Stellen ins Ausland. Auch Vertreter der Sozialdemokraten (SP) verurteilten die Abbaupläne. "Wiederholt streicht ein profitables Unternehmen Stellen zur weiteren Gewinnmaximierung", erklärte SP-Ableger im Kantons Aarau, wo am Standort Stein rund 700 Job wegfallen sollen.

Novartis-Chef Narasimhan erneuerte indes das Bekenntnis zum Standort Schweiz. Auch nach dem Job-Abbau würden in dem Land rund zehn Prozent der Belegschaft und die größte Forschungseinheit angesiedelt sein. Zudem investiert der Konzern in die Produktion moderner Arzneien wie etwa die Zelltherapie. Netto werden Novartis zufolge in der Schweiz bis 2022 etwa 1700 Jobs wegfallen. Am stärksten betroffen ist der Konzernsitz in Basel mit etwa 1000 Stellenstreichungen. Aber auch die Standorte Schweizerhalle, Rotkreuz und Locarno verlieren Mitarbeiter.