Das Warten hat ein Ende: Mit der Veröffentlichung des Halbjahresergebnisses haben die Anteilseigner des Pharma- und Diagnostikkonzerns Roche am frühen Donnerstagmorgen endlich Klarheit rund um die Umsatzerosion im Zusammenhang mit günstigeren Nachahmermedikamenten.

Trotz Verkaufsrückgang bei Rituxan und Herceptin übertrifft der Zahlenkranz von Roche die Markterwartungen sowohl beim Umsatz als auch auf den Stufen operativer Kern-Gewinn und Kern-Reingewinn ziemlich deutlich.

Die bessere Vorhersehbarkeit für die zweite Jahreshälfte lässt gar eine Erhöhung der diesjährigen Zielvorgaben zu. Das Unternehmen rechnet neu mit einem Umsatzwachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich sowie mit einem Wachstum beim Kern-Gewinn im mittleren Zehnerbereich.

Die Neuigkeiten kommen bei den Anlegern gut an. An der Schweizer Börse SIX gewinnt der Roche-Genussschein zur Stunde noch 1,5 Prozent 241,80 Franken. Die Tageshöchstkurse liegen gar bei 247 Franken. Damit errechnet sich für das SMI-Schwergewicht alleine seit Anfang Juni ein Plus von mehr als 17 Prozent.

Fortschritte auf der Kostenseite

Analysten zufolge liegt der Zahlenkranz für die ersten sechs Monate nicht nur deutlich über den Erwartungen, er scheint auch von guter Qualität. Neben dem als margenstark geltenden Augenpräparat Lucentis verkauften sich auch das MS-Medikament Ocrevus sowie das Krebspräparat Tecentriq besser als erhofft. Gut kommt dabei insbesondere der Umsatzbeitrag von Tecentriq an.

In einem Kommentar der US-Investmentbank Jefferies wird der vorliegende Zahlenkranz als stark bezeichnet. Neben den Verkaufserfolgen bei den beiden Schlüsselmedikamenten Ocrevus und Tecentriq begrüsst der Autor insbesondere die kostenseitigen Fortschritte. Mit Ausnahme des Krebspräparats Rituxan brumme bei Roche das Geschäft, so schreibt er weiter. Der Genussschein wird bei Jefferies denn auch weiterhin mit einem Kursziel von 285 Franken zum Kauf empfohlen.

Bei der Bank Vontobel ist hingegen davon die Rede, dass Roche mit dem Halbjahresergebnis die Markterwartungen regelrecht "weggeblasen" habe. Der für die Zürcher Bank tätige Pharmaanalyst zeigt sich erfreut über die Geschäftsentwicklung und bestätigt sowohl die Kaufempfehlung als auch das Kursziel von 270 Franken.

Ergebnisqualität wird heiss diskutiert

Wie der Berufskollege bei der Deutschen Bank ergänzt, müssen bei der Gewinnqualität gewisse Abstriche gemacht werden. Er führt beim operativen Gewinn rund 300 Millionen Franken auf Veräusserungsgewinne zurück. Doch selbst unter Ausklammerung dieses Betrags überragt der operative Halbjahresgewinn die Markterwartungen noch immer um 5 Prozent. Beim Kern-Reingewinn profitierte Roche zudem von einer etwas tiefer als erwarteten Steuerbelastung. Das Anlageurteil des Analysten lautet vorerst "Hold" und das Kursziel 240 Franken.

Dem halten andere Beobachter entgegen. Sie verweisen darauf, dass sich das margenstarke Augenmedikament Lucentis besser als erwartet verkauft habe. Anders als in den letzten Jahren sei der Umsatz nicht durch das Grippemittel Tamiflu künstlich "aufgebläht" worden. Tamiflu gilt als eher margenschwach und unterliegt starken und meist unberechenbaren Nachfrageschwankungen. Der geringe Umsatzbeitrag des Grippemittels in der ersten Jahreshälfte zeugt deshalb von einer guten Ergebnisqualität beim Medikamentenabsatz.

Herceptin in Europa noch nicht unter Druck

Auf das zweite Quartal bezogen brach der Umsatz mit dem Krebspräparat Rituxan in Europa nicht ganz so stark ein wie von einigen Analysten befürchtet wurde. Das ebenfalls betroffene Brustkrebsmedikament Herceptin verkaufte sich im zweiten Quartal sogar besser als erwartet.

Weltweit setzte Roche im ersten Halbjahr mit Rituxan 3,45 Milliarden Franken und mit Herceptin sogar 3,62 Milliarden Franken um. Die Markterwartungen lagen bei Rituxan bei einem Umsatz von 3,46 Milliarden Franken und bei Herceptin bei 3,48 Milliarden Franken.