Nachdem sich die Aktie von Polyphor seit Januar um mehr als 40 Prozent erholen konnte, erwartet die Aktionäre eine kalte Dusche: Das Baselbieter Pharmaunternehmen stellt die Rekrutierung von Patienten für die Entwicklung des Antibiotikums Murepavadin zur Behandlung von im Krankenhaus erworbenen Lungenentzündungen überraschend ein. Dies, nachdem es bei mehr als der Hälfte der behandelten Patientinnen und Patienten zu Nierenversagen kam.

Was das genau für die Zukunft von Murepavadin bedeutet, lässt sich noch nicht genau sagen. Erst im Juli wird dann entschieden, ob die Studien fortgeführt werden oder nicht. Dem Unternehmen zufolge ist die Weiterentwicklung der inhalierbaren Version des Antibiotikums nicht von den Problemen betroffen. Allerdings wurde der intravenös verabreichbaren Version des Antibiotikums bisweilen ein deutlich grösseres Umsatzpotenzial nachgesagt.

Bisherige Schätzungen für Murepavadin in Frage gestellt

Die Börse reagiert verschnupft und schickt die Polyphor-Aktie auf Tauchgang. Zur Stunde errechnet sich Minus von mehr als 50 Prozent auf 12,36 Franken.

Als Hauptverantwortliche für den Börsengang des Pharmaunternehmens von Mitte Mai letzten Jahres traute die UBS dem Antibiotikum Murepavadin bisher einen Spitzenumsatz von 300 Millionen Franken im Jahr zu. Erst vor wenigen Wochen erhöhte die grösste Schweizer Bank die Zulassungswahrscheinlichkeit für das Medikament von 75 auf 80 Prozent.

Die UBS empfiehlt die Polyphor-Aktie mit einem 41 Franken lautenden Kursziel zum Kauf, wobei Murepavadin alleine rund 15 Franken zum Kursziel beiträgt.

Zeitpunkt des Produktrückschlags für die Altaktionäre ungünstig

Die Zürcher Kantonalbank reagiert auf die Neuigkeiten und stuft die Aktie von "Übergewichten" auf "Untergewichten" herunter. In Erwartung, dass die Detailanalyse vom Juli den Fakt der im hohen Masse auftretendne Nierenschädigungen kaum ändern kann, reduziert der zuständige Analyst die Zulassungswahrscheinlichkeit für Murepavadin von 50 auf gerademal 5 Prozent.

Auch andere Banken, unter ihnen die Deutsche Bank sowie der US-Broker Cantor Fitzgerald, müssen nun wohl oder übel über die Bücher gehen. Doch nicht nur für diese Banken, auch für die Altaktionäre von Polyphor um die beiden Investoren Peter Grogg und Rudolf Maag kommt der Rückschlag bei Murepavadin zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. In weniger als zwei Wochen läuft nämlich die Verkaufssperrfrist auf ihren Aktien ab. Sollten einige der nicht weniger als 526 Altaktionäre mit ihren gut 62 Prozent die Gelegenheit nutzen und sich von ihren Aktienpaketen oder von Teilen davon trennen, spräche auch das noch einmal für tiefere Kurse.