Wenn sich die Staats- und Regierungschef der sieben grossen Industriestaaten (G7) am Freitag im britischen Cornwall treffen, geht es neben den Sachthemen um eine ganz einfache Botschaft. "Der Westen ist zurück", formuliert ein G7-Diplomat. "Die Hauptbotschaft wird ein klares Signal für den Multilateralismus sein", ergänzt ein deutscher Regierungsvertreter. Denn beim ersten physischen G7-Treffen seit 2019 wird nicht mehr Donald Trump, sondern der neue US-Präsident Joe Biden anwesend sein, der sich zu mehr internationaler Zusammenarbeit bekennt. Biden will mit seiner Teilnahme an den drei aufeinanderfolgenden Gipfeln - neben G7 und Nato auch das EU-USA-Treffen am Montag - die enge Verbundenheit vor allem mit den europäischen Partnern demonstrieren.

Klimapolitik und Pandemie-Bekämpfung

Eine stärkere Zusammenarbeit wird nicht nur in der Klimapolitik als wichtig angesehen, einem der Schwerpunktthemen des dreitägigen G7-Treffens. Bei Themen wie Handel und Investitionen sowie in der Pandemie-Bekämpfung geht es auch darum, Russland und China etwas entgegenzusetzen. Zwar betonen sowohl die US-Regierung als auch die EU-Staaten, dass man keinen neuen Kalten Krieg wolle. Aber Bundesaussenminister Heiko Maas hatte in dieser Woche davon gesprochen, dass autoritäre Staaten wie Russland und das kommunistische China ihrerseits die "Systemfrage" stellten. Gerade weil der internationale Ton rauer wird, wollen die westlichen Staaten stärker gemeinsam die Agenda setzen.

So soll dem chinesischen Seidenstrassen-Projekt mit Milliarden-Investitionen in den Aufbau von Handelswegen etwas Vergleichbares entgegengestellt werden - britische Diplomaten sprechen etwa von einem "Klima-Marshall-Plan". Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel für eine Reform der Welthandelsorganisation (WTO) plädiert, geschieht dies ebenfalls mit Blick auf das wirtschaftlich boomende China, das besser durch die Pandemie gekommen ist und technologisch davonzuziehen droht. Sowohl die USA als auch die EU-Staaten haben deshalb in den vergangenen Monaten riesige Investitionen in Hightech-Bereichen angekündigt, um die Abhängigkeit von chinesischen Produkten zu verringern.

Gespräche am Rande

Als mindestens ebenso wichtig gilt nach den Reisebeschränkungen der Corona-Krise, dass sich die Staats- und Regierungschefs der westlichen Demokratien im informellen G7-Rahmen überhaupt wieder unmittelbar treffen können. "Die vielen Gespräche am Rande sind mindestens so wichtig wie die gemeinsamen Gesprächsrunden", sagt ein deutscher Diplomat und verweist auf geplante bilaterale Treffen Merkels, die in Cornwall ihren letzten G7-Gipfel absolviert. Biden wird in Cornwall erstmals als US-Präsident auftreten. Auch der japanische Ministerpräsident Yoshihide Suga hatte wegen Corona bisher keine Möglichkeit gehabt, sich im Kreis seiner Kollegen vorzustellen. Gastgeber Grossbritannien hat zudem Indien, Südkorea, Australien und Südafrika eingeladen. Diese Auswahl gilt als zusätzliches Zeichen, dass Amerikaner, Briten und EU-Länder sich stärker im Kreis der Demokratien absprechen wollen.

Auch die Corona-Bekämpfung wird nach deutschen Angaben einen "sehr wichtigen" Teil der Beratungen einnehmen. Der russischen und chinesischen "Impfstoff-Diplomatie" sollen eigene Anstrengungen zur Versorgung der Welt entgegengesetzt werden. Biden versucht dabei das negative Echo auf die amerikanische Impfstoff-Politik mit der Ankündigung eines grossen Verteilungsprogramms zu korrigieren. Die EU unterstreicht immer wieder, dass sie anders als Amerikaner und Briten schon Impfstoff an mehr als 90 Länder geliefert habe und grösster Financier der internationalen Impfstoff-Initiative Covax sei, die ärmere Länder versorgt.

Während es beim G7-Gipfel allein schon wegen der Anwesenheit von Indien und Südkorea stärker um das Verhältnis zu China gehen wird, steht der Umgang mit Russland am Montag im Zentrum der Nato-Beratungen. Vor allem im Falle Chinas zeigten sich schon in den Gipfel-Vorbereitungen nach Angaben europäischer Diplomaten durchaus Differenzen zwischen den westlichen Staaten. Deutschland und Frankreich haben wenig Interesse daran, von den USA nun in eine Frontstellung gegen China gedrängt zu werden, nur weil die Vereinigten Staaten unbedingt ihre eigene Vormachtstellung behaupten wollen. Deshalb kreisen Debatten um die Abschlusserklärungen nach Angaben von Diplomaten auch um die Frage, ob China dort als "Herausforderung und Chance" bezeichnet wird oder nur als Bedrohung. EU-Ratspräsident Charles Michel bezeichnete die Volksrepublik kürzlich als "systemischen Rivalen und Partner" zugleich.

(Reuters)