Mehr als eine Woche nach dem Ende der Übergangszeit verfestigt sich in der Londoner City eine Erkenntnis über die Zukunft nach Brexit: Ein Finanzdienstleistungsabkommen mit der Europäischen Union könnte zu mager ausfallen und zu spät kommen, um ihre führende Stellung in der Branche zu behalten.

Die Verhandlungen sollen bald beginnen, um den Rahmen der regulatorischen Zusammenarbeit zwischen Grossbritannien und der EU festzulegen.

In dem Handelsabkommen, das die Trennung Grossbritanniens von der EU am 31. Dezember markierte, wurde die Branche weitgehend ausser Acht gelassen. Eine Frist bis März wurde festgelegt, aber bis jetzt gibt es wenig Details - einschliesslich der Frage, wer die Verhandlungen führen wird.

Was auf dem Spiel steht

Die ersten Tage des Brexit haben gezeigt, was auf dem Spiel steht: London verlor am 4. Januar, dem ersten Geschäftstag nach der Übergangszeit, 6,3 Milliarden Euro an täglichem Aktienhandel an EU-Handelsplätze.

Der Verlust über Nacht gab den Forderungen von Finanzunternehmen und der Londoner Börse an die Politik Auftrieb, die Regeln zu lockern und der City zu einem Wettbewerbsvorteil gegenüber den europäischen Rivalen zu verhelfen.

Ein solcher Schritt wurde am Wochenende bekannt, als das britische Finanzministerium erklärte, dass es den Handel mit Schweizer Aktien zulassen will. Ein entsprechendes EU-Verbot würde damit aufgehoben.

Der Handel mit Aktien von Unternehmen wie Nestle SA und Roche Holding AG in London könnte einen Teil des Verlustes an EU-Aktien ausgleichen. Gleichzeitig würde mit dem Vorstoss aber die Spaltung Grossbritanniens mit der EU vertieft und Marktzugang für die City unwahrscheinlicher.

Europäische Finanzzentren profitieren

Für Europas Verhandlungführer besteht kaum ein Anreiz, eine Vereinbarung zu treffen, da Finanzzentren von Frankfurt und Paris bis Amsterdam auf Kosten Londons Geschäfte gewinnen.

“Der Handel mit EU-Aktien ist weg, er wird nicht zurückkehren”, sagte David Howson, Präsident von Cboe Europe, dem grössten Handelsplatz für EU-Aktien in London. Das Unternehmen hat zusehen müssen, wie fast 95 Prozent ihres Geschäftsvolumens abgewandert ist, sagte Howson am Donnerstag gegenüber Bloomberg Television.

“Ich denke nicht, dass dies der Todesstoss für Londons Bedeutung auf den globalen Kapitalmärkten ist”, sagte Philip Hampton, ehemaliger Vorsitzender der NatWest Group. "Einige der Vorteile Londons - Geschichte, Recht, Sprache - lassen sich nicht leicht von anderen Zentren replizieren.“

(Bloomberg)