Seit Wochen bietet sich den Aktionären von Julius Bär dasselbe zermürbende Bild: Die Aktie der Zürcher Bank fällt und fällt – alleine 12 Prozent in diesem Monat. Seit dem Rekordhoch von Anfang Februar bei 65,40 Franken errechnet sich gar ein Minus von 45 Prozent.

Dass die Aktie so günstig zu haben ist wie zuletzt im Frühjahr 2015 dürfte gleich mehrere Gründe haben, allen voran die Kursschwäche bei den europäischen Banken. Nachdem die Julius-Bär-Aktie in den letzten Jahren ein Eigenleben führte, kann sie sich dieser Kursschwäche nicht länger entziehen. Denn die aggressive Wachstumsstrategie holt die Zürcher Bank immer mehr ein. Egal ob die Veruntreuungsaffären rund um die venezolanische Ölgesellschaft oder die Bestechungsvorwürfe gegen Fifa-Funktionäre - der Name Julius Bär fällt immer wieder im Zusammenhang mit Skandalen.

Kernkapitalquote seit Mitte Jahr rückläufig

Der frühere Firmenchef Boris Collardi, er gilt als Architekt der Wachstumsstrategie, ist mittlerweile für die Genfer Privatbank Pictet tätig. Wie in Branchenkreisen zu hören ist, wirbt er seinem früheren Arbeitgeber wichtige Schlüsselpersonen ab. Bedenklich ist, was vor ein paar Monaten die NZZ schrieb zum ehemaligen CEO schrieb: Dass bei Julius Bär die internen Kontrollen unter Collardi keinen besonders grossen Stellenwert hatten.

Noch im Februar wurde Julius Bär eine kräftige Dividendenerhöhung sowie die Bekanntgabe eines millionenschweren Aktienrückkaufprogramms nachgesagt. Doch dessen ist man sich in Analystenkreisen spätestens nach dem Zwischenbericht für die ersten zehn Monate von Mitte November nicht mehr sicher. Entgegen anders lautenden Erwartungen verbesserte sich die Kernkapitalquote (CET1) zwischen Anfang Juli und Ende Oktober nicht auf 13,9 Prozent, sondern fiel sogar auf 13 Prozent.

Das Überschusskapital liege nun auf dem Stand von 2017 oder sogar darunter, so schrieb die Credit Suisse kürzlich in einer Studie. Den CS-Analysten zufolge schmälert dies den finanziellen Handlungsspielraum für Dividendenerhöhungen oder ergänzende Firmenübernahmen. Und sollten die zahlreichen Skandale Straf- oder Vergleichszahlungen nach sich ziehen, könnten diese die Kernkapitalquote weiter ausdünnen.

Noch haben nur die allerwenigsten Analysten ihre Dividendenschätzungen für Julius Bär mit dem Rotstift überarbeitet. So geht die britische HSBC für die kommenden Jahre auch heute noch von einer kontinuierlichen Erhöhung auf 1,98 Franken je Aktie für das Geschäftsjahr 2020 aus. Die Prognosen von Goldman Sachs liegen gar bei 2,30 Franken je Aktie, sind nach dem Zwischenbericht von Mitte November vermutlich aber nicht mehr sehr realistisch.

Collardi-Nachfolger Hodler muss Überzeugungsarbeit leisten

Dass sich selbst bei einer Dividende in Höhe von 1,40 Franken je Aktie für das Geschäftsjahr 2017 eine attraktiv hohe Rendite von fast 4 Prozent errechnet, lässt sich einzig mit dem tieferen Aktienkurs erklären. Andere Schweizer Bankaktien weisen eine noch höhere Dividendenrendite auf, jene der Rivalin UBS sogar eine von mehr als 5 Prozent.

Ob sich die Aktie von Julius Bär wieder fangen kann, darüber dürfte zuerst einmal die Grosswetterlage an den Finanzmärkten entscheiden. Als Vermögensverwalterin hängt die Zürcher Bank besonders stark am Gängelband der Märkte. Doch auch Collardi-Nachfolger Bernhard Hodler ist nun gefordert. Er braucht dringend eine glaubwürdige Antwort auf die aggressive Wachstumspolitik der letzten Jahre.

Dass sich in Sachen Strategie etwas tun könnte, lassen auch die jüngsten Spekulationen rund um einen möglichen Rücktritt von Verwaltungsratspräsident Daniel Sauter vermuten. Sauter ist seit zwölf Jahren im Verwaltungsrat und seit nunmehr sechs Jahren dessen Präsident.

Anleger, die bei Julius Bär auf Veränderungen hoffen, können sich durchaus mal ein paar Aktien anlachen. Wem die Zukunft der Zürcher Bank zu ungewiss ist, dem bietet die UBS-Aktie eine mögliche Alternative. Am besten sind an hohen Dividenden interessierte Anleger aber immer noch in den Schweizer Versicherungsaktien aufgehoben.