"Wir beobachten die Wechselkursentwicklung sehr genau und wir werden das auch in der Zukunft tun", versicherte der Gouverneur der finnischen Notenbank, Olli Rehn, in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der "Börsen-Zeitung". "Der Wechselkurs beeinflusst den Wachstums- und Inflationsausblick und ist damit ein wichtiger Parameter beim Erreichen des Inflationsziels", sagt Rehn.
So profitiert der Euro schon länger von einer breitangelegten Kursschwäche des US-Dollar. In der Nacht auf Mittwoch stieg der Kurs der Gemeinschaftswährung bis knapp unter 1,23 US-Dollar und damit auf den höchsten Stand seit April 2018. Die EZB verfolgt bei ihrer Geldpolitik ausdrücklich kein Wechselkursziel. "Das heisst aber nicht, dass die Aufwertung nicht von Bedeutung ist", sagte Rehn.
Die Aussagen von Rehn folgten ähnlichen Äusserungen der EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Im September hatte der Chefvolkswirt der Notenbank, Philip Lane, darüber hinaus vor den Folgen eines zu starken Euro für Wachstum und Inflation gewarnt. Die Aussagen von Lane waren an den Finanzmärkten als Verbalintervention verstanden worden und hatten den Kurs des Euro zeitweise belastet.
EZB zu weiteren Schritten bereit
In dem aktuellen Interview versicherte Rehn ausserdem, dass die EZB auch nach dem umfassenden Massnahmenpaket von Mitte Dezember im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise bereit sei, ihre Geldpolitik falls notwendig weiter zu lockern.
"Wir sind, falls nötig, bereit, all unsere Instrumente zu nutzen und anzupassen - und das gilt auch für die Leitzinsen. Daran sollte es keinen Zweifel geben", sagt er. Zugleich äusserte Rehn aber die Hoffnung, dass sich die Eurozone im Laufe des nächsten Jahres erholt und zu einem Aufschwung ansetzt. Dafür schaffe die EZB die Voraussetzungen, indem sie noch für lange Zeit günstige Finanzierungsbedingungen sicherstelle.
Das Ziel günstiger Finanzierungsbedingungen bestimme auch den weiteren Umgang mit dem Anleihekaufprogramm PEPP, das der EZB-Rat als Corona-Hilfe Mitte Dezember um weitere 500 Milliarden Euro auf 1,85 Billionen Euro aufgestockt hatte. "Wenn es gelingt, diese vorteilhaften Finanzkonditionen zu erhalten, ohne das PEPP-Volumen ganz auszuschöpfen, muss es auch nicht ausgereizt werden. Die 500 Milliarden Euro sind insofern aktuell eine Art Obergrenze", sagt Rehn.
"Zugleich haben wir aber ganz klar kommuniziert, dass das Volumen auch noch einmal aufgestockt werden könnte. Das könnte nötig werden, wenn die Pandemie länger als erwartet anhalten und das weiteren Abwärtsdruck auf die Inflation ausüben sollte." Das sei nicht das wahrscheinlichste Szenario, so Rehn: "Aber wir müssen auch mögliche ungünstigere Szenarien ganz genau im Auge behalten."
Grüne Blase soll vermieden werden
Rehn plädiert zudem für die Beachtung klimabezogener Themen bei der Strategie der EZB und damit möglicherweise auch bei der Umsetzung der Anleihekaufprogramme. "Solange grüne Ziele nicht unser Preisstabilitätsmandat gefährden, sollten wir unseren Teil der Aufgabe erfüllen", sagte Rehn. Zugleich schränkt er aber ein: "Wir wollen auch keine Marktstörungen verursachen oder grüne Blasen schaffen - so wenig wie Blasen jeglicher anderen Couleur."
Schliesslich rechnet der Notenbanker auch mit der Einführung eines digitalen Euro: "Ich halte es für wahrscheinlich, dass wir in den nächsten fünf oder zehn Jahren einen digitalen Euro haben werden."
(AWP)