Adrian Xinli Zhang hatte schon die ersten Stufen der Karriereleiter bei der Deutschen Bank in New York erklommen, als er Bitcoin entdeckte. Der 29-Jährige habe mit dem Handel von digitalen Währungen in seiner Freizeit genug Geld verdient, um das deutsche Finanzinstitut im März - in dem Monat wurde er auch zum Direktor befördert - zu verlassen, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen.

Bei Goldman Sachs gehörten Jonathan Cheesman, 36, und Justin Saslaw, 28, zu den mindestens drei Front-Office-Mitarbeitern in New York, die in diesem Jahr der Bank den Rücken kehrten, nachdem sie persönliche Gewinne mit Kryptowährungen gemacht haben, sagten Personen mit Kenntnis der Situation und baten darum, namentlich nicht genannt zu werden. In London investierte Asim Ahmad seine Ersparnisse in Ether und machte damit genug Geld, um sich von BlackRock zu verabschieden.

"Ich meiner Lage macht es keinen Sinn mehr, bei BlackRock zu arbeiten", sagt Ahmad, der bei dem grössten Vermögensverwalter der Welt Pensionsfonds bei Anlagen in alternative Vermögenswerte und Hedgefonds beraten hat. "Die Ein-Tages-Volatilität meines Portfolios ist höher als mein Gehalt. Wenn ich also mit ein paar Investments richtig liege, dann habe ich genauso viel wie mein Jahresgehalt, und alles darüber hinaus ist wie ein Bonus."

Vertreter von BlackRock, Deutsche Bank und Goldman Sachs wollten sich zu den Anlagen oder den Abgängen ihrer Mitarbeiter nicht äussern.

Investitionen in Blockchain-Projekte

Während das Establishment an der Wall Street noch darüber debattiert, ob Kryptowährungen zu einem Erfolgsbereich oder ein Rechtsrisiko werden, sind einige Mitarbeiter mit ihren privaten Investments in digitale Vermögenswerte reich genug geworden, um vielversprechenden Jobs in Spitzen-Unternehmen den Rücken zu kehren. Eine kleine, aber wachsende Gruppe von Finanzfachleuten hat ein ausreichendes finanzielles Polster aufgebaut, um auf die Sicherheit eines Monatsgehalts zu verzichten.

Anstatt am Strand zu liegen oder die Handelsprofite mit luxuriösem Lebenswandel zu verprassen, sind einige der neuen "digitalen Reichen" so leidenschaftlich von den Möglichkeiten der Blockchain überzeugt, dass sie ihr eigenes Unternehmen gegründet haben. Ahmad sagt, dass er nun an einem Fonds mitwirkt, der in Blockchain-Projekte mit positiven sozialen oder ökologischen Auswirkungen investiert. Laut einer mit der Angelegenheit vertrauten Person arbeitet Zhang an einer Handelsplattform für digitale Vermögenswerte.

Zhang, ehemals Händler am zentralen Risk Desk der Deutschen Bank, begann im vergangenen Jahr in seiner Freizeit in Kryptowährungen zu investieren und hat Vermögenswerte im Wert von mehr als einer Million Dollar gehandelt, so die informierte Person. Er tauschte Tipps und Handelsideen mit Kollegen aus, unter anderem mit Yao King, Leiter Programmhandel und ETF-Handel für den amerikanischen Kontinent, der auch beträchtliche persönliche Gewinne aus dem Kryptogeschäft erzielte, sagten die Personen.

Arbitrage und Futures

Einige haben nicht nur Coins gekauft und verkauft, sondern versuchten auch, von Ineffizienzen am Markt zu profitieren, wie beispielsweise Unterschiede im Preis von Bitcoin an verschiedenen Börsen und der Preisdifferenz bei Terminkontrakten mit unterschiedlichen Verfallsdaten. Als die ersten Bitcoin-Futures an einem Sonntagabend im Dezember gehandelt wurden, blieb King die ganze Nacht auf, und zu einem bestimmten Zeitpunkt sollen seine Handelsgeschäfte ein Drittel aller offenen Positionen im März-Bitcoin-Future ausgemacht haben, verlautete aus Kreisen.

Als Ahmad 2016 zum ersten Mal auf Ether stiess, investierte er im selben Jahr, in dem er zu BlackRock in London kam, alle Ersparnisse aus seiner sechsjährigen Tätigkeit für eine Investmentberatung in Nordengland, das waren 10'000 Pfund (rund 11'400 Euro).

Zwar wollte er nicht verraten, wie viel Geld er mit seinen Investments, einschliesslich der Teilnahme an Initial Coin Offerings, gemacht hat. Aber er erzählte, dass Ether ungefähr 10 Dollar kostete, als er eingestiegen war. Die Kryptowährung wird nun über 500 Dollar gehandelt - sie wurde Anfang des Jahres sogar über 1400 Dollar gehandelt.

"Wenn Sie im Geiste damit anfangen, dieses Geld auszugeben, schmerzt es, wenn der Kurs sinkt", sagt Ahmad, der im März von BlackRock wegging. "Wenn Sie die Volatilität auf dem Weg nach oben genossen haben, müssen Sie akzeptieren, dass es manchmal genauso stark oder sogar stärker fällt."

Unterschiedliche Meinungen über Kryptowährungen

Während viele an der Wall Street die Vorteile der Blockchain anpreisen, ist die Meinung über die Vorzüge und die Beständigkeit von Kryptowährungen geteilt. Digitale Vermögenswerte spalten sogar die Meinungen innerhalb von Firmen, wobei Manager oft mit Untergebenen uneins waren, sagte Adam Grimsley, ein ehemaliger BlackRock Fixed-Income-Spezialist, der in London einen Krypto-Hedgefonds namens Prime Factor Capital mitbegründete.

"In vielen grösseren Häusern bilden sich Lager, wobei Senior Manager sehr skeptisch gegenüber Krypto sind, während Absolventen und jüngere Teammitglieder sehr zuversichtlich sind", sagte Grimsley. "Die jungen Leute haben vielleicht weniger intellektuellen Ballast und sind möglicherweise aufgeschlossener, aber sie haben auch weniger Verantwortung, Risiken zu managen und die praktischen Aspekte der Kryptographie für das bestehende Geschäft auszuarbeiten."

Und während ihre Vorgesetzten an der institutionellen Position arbeiten, gehen die Nachwuchskräfte weg. "Krypto ist sicherlich ein Markt, der echte Talente aus dem Finanzdienstleistungssektor abzieht", sagt Chris Matta, 28, der vergangenes Jahr die Vermögensverwaltungssparte von Goldman Sachs verlassen hatte, um eine Investmentgesellschaft für digitale Währungen namens Crescent Crypto Asset Management mitzugründen.

(Bloomberg)