Da sich Experten zufolge daran auf absehbare Zeit nichts ändert, wird die Blei-Nachfrage das Angebot auch weiterhin übersteigen. Rohstoff-Anleger können daher auf steigende Preise hoffen.
Getrieben wird der wachsende Bedarf des Industriemetalls von der zunehmenden Verbreitung der sogenannten Start-Stopp-Automatik in Fahrzeugen. Dabei schaltet der Motor automatisch ab, sobald das Fahrzeug im Leerlauf steht - zum Beispiel vor einer roten Ampel. Sobald der Fahrer von der Bremse geht, springt das Fahrzeug automatisch wieder an.
"Start-Stopp ist ein günstiger, effektiver und technologisch wenig anspruchsvoller Weg für Autobauer, Emissionen zu reduzieren und gesetzliche Vorgaben zu erfüllen", betont Analyst Farid Ahmed vom Research-Haus Wood Mackenzie. Bis 2020 würden voraussichtlich alle Neufahrzeuge in Europa und Japan mit dieser Automatik ausgerüstet. In den USA und China steige der Anteil rasant.
"In kleineren Start-Stopp-Batterien für den VW Golf oder den Ford Focus werden 16 Kilogramm Blei benötigt", sagt Christian Riedel, Chefsprecher für Europa, den Nahen Osten und Afrika beim US-Autozulieferer Johnson Controls. "Das sind etwa 28 Prozent mehr als in einem normalen Auto."
Im vergangenen Jahr stieg der Blei-Preis an der Londoner Metallbörse LME zeitweise um 60 Prozent - doppelt so stark wie der Kupfer-Preis. Mit 2576,50 Dollar je Tonne markierte Blei im November 2016 ein Fünfeinhalb-Jahres-Hoch. Aktuell kostet das Metall knapp 2300 Dollar. Während die Nachfrage anzieht, stockt nach der Schließung mehrerer großer Zink-Minen der Nachschub. Zink und Blei werden häufig in den selben Lagerstätten abgebaut.
"Offenbar bauen Händler Positionen auf"
Die bei der LME eingelagerten Blei-Bestände
Johnson-Controls-Sprecher Riedel zufolge sind weltweit 35 Millionen Fahrzeuge mit Start-Stopp-Batterien ausgerüstet. Dies sind etwa 40 Prozent der 89 Millionen Autos, die nach Schätzungen der US-Bank Morgan Stanley 2016 verkauft wurden. Der deutsche Hersteller BMW lieferte sogar 99 Prozent seiner knapp 2,4 Millionen Wagen mit dieser Technologie aus.
Zum Vergleich: Den Experten von CRU zufolge wurden in den vergangenen Monaten weltweit gerade einmal 1,1 Millionen Elektro- und sogenannte Plug-In-Hybride verkauft, die an einer Steckdose aufgeladen werden können und die mit Lithium-Batterien betrieben werden. Bis 2025 werde dieser Anteil auf gut sechs Millionen steigen. Zu diesem Termin wollen Volkswagen und Daimler ein Viertel ihres Pkw-Geschäfts mit stromgetriebenen Fahrzeugen machen.
Experten zufolge können auch Aktienanleger vom Start-Stopp-Boom profitieren. Johnson Controls will seine Produktion dieser Autobatterien auf 50 Millionen mehr als verdoppeln. Die Aktien des US-Autozulieferers legten im zweiten Halbjahr 2016 in der Spitze um mehr als 70 Prozent zu. Die Titel des japanischen Rivalen GS Yuasa notieren derzeit auf einem Zwei-Jahres-Hoch. Andere wichtige Mitspieler auf dem Blei-Markt sind die Erzhütte Korea Zinc und der Bergbaukonzern Glencore. Dessen Papiere haben binnen Jahresfrist fast 150 Prozent zugelegt.
(Reuters)