Nach dem Ukraine-Krieg waren die Rohölpreise explodiert. In den letzen Wochen sind die Notierungen aber wieder deutlich gesunken.  Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Oktober kostet derzeit rund 97 Dollar. Im März nach Kriegsausbruch kletterte dieser Preis auf eine Marke von 133 Dollar. Der Ölpreis befindet sich somit wieder auf dem Niveau vor dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine.

Grund für den Rückgang des Ölpreises sind die US-Daten zu den Lagerbeständen: Diese sind in den vergangenen Wochen überraschend gestiegen. Zudem deutet die Produktion auf eine Entspannung des Marktes hin. Die Meldungen über den Neustart russischer Lieferungen über die wichtige europäische Pipeline Druschba nach Ungarn haben ebenfalls zur Preissenkung beigetragen.

Trotzdem bleiben die Benzinpreise in der Schweiz hoch, wie die Zahlen des Touring Club Schweiz (TCS) zeigen. Der Preis für ein Liter Bleifrei 95 ist zwar innerhalb eines Monats um 10 Rappen auf 2,14 Franken gesunken. Doch damit er liegt immer noch weit über dem Niveau von vor Kriegsausbruch. Würde sich der Benzinpreis gleich verhalten wie der Rohölpreis, müsste ein Liter Bleifrei 95 nun 1,89 Franken kosten. Der Dieselpreis ist nur um 3 Rappen auf 2,33 Franken pro Liter gesunken. Vor dem Krieg kostete Diesel noch 1,94 Franken.

Vor allem beim Dieselpreis sind die Notierungen im angrenzenden Ausland viel deutlicher gesunken als in der Schweiz. Ferienreisende berichten, dass sich die Preise etwa in Italien in der zweiten Hälfte Juli um etwa 10 bis 15 Cent pro Liter verringert hätten. An vielen Tankstellen bezahlt man in Italien derzeit weniger als 1,80 Euro pro Liter Diesel. In Deutschland lag der Preis zuletzt auch unter 2 Euro pro Liter.

FDP-Nationalrätin: «Konzerne verdienen sich an Krisen eine goldene Nase»

Klar ist: Der Benzinpreis ist nicht 1:1 am Preis des Rohöls gekoppelt. Die Mineralölsteuer etwa beträgt pro Liter bleifreies Benzin 77 Rappen. Diese Abgabe ist aber fix und ändert sich nicht, auch wenn der Ölpreis stark schwankt. Der Ölpreis wird auch durch Kosten wie Transport und Vertrieb beeinflusst. Aktuell treiben die tiefen Wasserstände im Rhein die Transportkosten in die Höhe. In welchem Ausmass dies die Spritpreise in der Schweiz verteuert, ist aber wenig transparent.

Die hohen Benzin- und Diesepreise erzeugen Unmut angesichts der stark gestiegenen Gewinne der Ölkonzerne. Der US-Ölkonzern Exxon verbuchte im zweiten Quartal dieses Jahres einen Gewinn von 17,9 Milliarden Dollar, 13 Milliarden mehr als in der Vorjahresperiode. Der britische Ölmulti BP erzielte 9,3 Milliarden Dollar, dreimal mehr als vor einem Jahr.

FDP-Nationalrätin Anna Giacometti regt sich über die Zustände auf. "Mich stört, wenn sich Konzerne an Krisen eine goldene Nase verdienen, während etwa die Bevölkerung die Kosten zu tragen hat – wie momentan beim Benzin. Das ist einfach nicht korrekt", sagte Giacometti kürzlich bei blick.ch.

Kommt die Windfall Tax in der Schweiz?

Angesichts der Gewinne der Ölkonzerne regt sich bei der politisch Linken Unmut. Es ist die Rede von einer Krisengewinnsteuer, auch Windfall Tax genannt. Die Grünen Schweiz wollen im Herbst eine Resolution zum Thema verabschieden und fordern, dass die Schweiz eine solche Windfall Tax einführt. In Grossbritannien werden alle aussergewöhnlichen Profite der Öl- und Gaskonzerne bereits mit 25 Prozent besteuert.

Im Autoland USA sorgen die hohen Benzinpreise schon länger für Ärger. US-Präsident Joe Biden kritisierte, dass Exxon und andere Konzerne "mehr Geld als Gott" verdienen würden. Auch Uno-Generalsekretär António Guterres bezeichnete die Rekordgewinne als "unmoralisch". Biden hat kürzlich die Tankstellenbetreiber aufgefordert, die Preise zu senken. Er schlug auch eine Aussetzung der Benzinsteuer vor, was aber im Kongress scheitern dürfte.

Der Automobilclub AAA gab kürzlich aber bekannt, dass die durchschnittlichen Preise an den Tankstellen landesweit wieder auf unter 4 Dollar pro Gallone sinken werden. Mitte Juni hatten die Preise an der Zapfsäule einen Rekordwert von über 5 Dollar erreicht.

Dieser Artikel ist eine aktualisierte Version eines Beitrages auf handelszeitung.ch mit dem Titel: "Nun sinken die Rohölprise, aber das Benzin bleibt gleich teuer."