Als defensiv gelten Aktien von Firmen, die auch bei weniger Wirtschaftsaktivität relativ konstante Erträge liefern. Produkte des täglichen Bedarfs wie Nahrungsmittel oder Medikamente werden während einer Rezession ebenso gebraucht wie in Aufschwungphasen. Energie oder Telekom sind weitere Beispiele sogenannt defensiver Branchen, die grundsätzlich weniger schwankungsanfällig sind als konjunktursensitive Industrien.

Defensive Aushängeschilder der Schweizer Börse sind der Nahrungsmittelhersteller Nestlé sowie die Pharmamultis Novartis und Roche. In den letzten Wochen, genauer seit Mitte Juni, haben die defensiven Schwergewichte von starkem Aufwind profitiert, da der Handelsstreit und die aufkommenden politischen Risiken in Europa die Konjunkturängste unter Investoren haben zunehmen lassen.

Sollte es tatsächlich zu einer Konjunkturabkühlung kommen, dürften defensive Aktien weiterhin die besseren Perspektiven haben als ihre zyklischen Pendants. Auch in der zweiten Reihe, also im Segment der kleineren Schweizer Aktien, gibt es einige Titel mit defensivem Charakter. Wir stellen solche vor, die für Aufsehen sorgen könnten.

IVF Hartmann (Aktie +1,1 Prozent im laufenden Jahr)

In diesem Jahr ist der Aktienkurs des Spitalbedarf-Herstellers nur wenig vom Fleck gekommen, nachdem er sich zwischen 2013 und Anfang 2018 verdoppelt hatte. Der Schaffhauser Konzern musste zuletzt einen tieferen Gewinn hinnehmen, gilt aber als Qualitätstitel. So ist der bekannte Aktienfonds AMG Substanzwerte Schweiz seit langem ein überzeugter Grossaktionär.

Einerseits gibt es für medizinische Verbrauchsgüter (chirurgische Instrumente, Desinfektionsmittel, Wundverbände etc.) einen konstant zunehmenden Markt, Stichwort zunehmende Lebenserwartung. Andererseits investiert IVF Hartmann auch in neuere Wachstumsfelder wie Tests zur Selbstdiagnose. Fazit: Kursrückschläge für langfristige Engagements nutzen.

Galenica (+15,5 Prozent)

In einem ähnlichen Gebiet ist die Apotheken-Gruppe Galenica tätig. Sie wächst zwar nur langsam, aber dafür konstant mit einem Fokus auf den Schweizer Markt. Seit dem Börsengang im April 2017 (Abspaltung von Vifor Pharma) hat sich die Aktie von 42 auf aktuell 58 Franken mehr als 38 Prozent gesteigert. Kommt es zu überraschend guten Gewinnzahlen wie Anfang August, liegen zusätzliche Kursschübe drin. Der Preisdruck bei Medikamenten und zunehmende Regulierungen sorgen zwar für Gegenwind, das wird aber durch zusätzliches Filialwachstum kompensiert. Die solide Bilanz erlaubt eine attraktive Dividendenrendite von knapp 3 Prozent die, ebenfalls für Stabilität im Galenica-Kurs sorgt. Fazit: Kurspotenzial dürfte vorerst ausgereizt sein. Abwarten.

Vifor Pharma (+42,5 Prozent)

Ob ein Pharmakonzern mit hohem Biotech-Anteil als defensiv bezeichnet werden kann, sei dahingestellt. Davon abgesehen hat sich Vifor Pharma jüngst auch mehr wie eine Wachstumsaktie verhalten: Der Börsenwert ist in den letzten 52 Wochen 84 Prozent gestiegen und beträgt mittlerweile 11,5 Milliarden Franken. Zuletzt hat der Titel leicht korrigiert. Besonders viel Potenzial wird den Eisenpräparaten zugetraut. Ferinject soll laut Pharma-Experten dereinst zum Blockbuster-Medikament gegen Eisenmangel werden. Fazit: Kurs-Konsolidierung macht Einstieg attraktiv.

Lindt & Sprüngli (+16,8 Prozent)

Premium ist bei Lindt & Sprüngli nicht nur die Schokolade, sondern auch der Aktienpreis. Mit 82'300 Franken ist sie die teuerste Aktie an der Schweizer Börse. Nach einer Seitwärtsphase zwischen 2016 und Anfang 2018 ist der Titel wieder deutlich beliebter (gleiches gilt für den viel günstigeren Partizipationsschein). Das Lindt-Geschäft profitiert von einer starken Marke und konstanter Nachfrage nach Schweizer Schokolade. Ein Wehrmutstropfen ist in diesem Zusammenhang die eher dürftige Dividendenrendite von etwas mehr als 1 Prozent. Fazit: Aktienkurse nahe Allzeithoch mahnen zur Vorsicht.

Valora (-11,7 Prozent)

Defensiven Charakter hat auch ein Teil des Valora-Geschäfts: Kioskartikel, Brezel oder Kaffee finden jederzeit einen Abnehmer. Nicht dazu gehört die Kreditplattform bob Finance. Dennoch: Ausdruck der konstanten Einnahmen ist die hohe Dividendenrendite von 4,4 Prozent. Doch die Investoren sind Valora derzeit nicht gerade freundlich gestimmt. Die Aktie notiert bald auf dem tiefsten Stand seit anderthalb Jahren, nachdem die enttäuschenden Halbjahreszahlen zu einer Verkaufswelle geführt hatten.

Die Kursdelle bietet aber auch Chancen. Das Analysehaus Research Partners empfiehlt den Titel zum Kauf und hat ein 12-Monats-Kursziel von 400 Franken errechnet (aktuell 287 Franken). Zudem sieht sich das Valora-Management auf Kurs, die eigenen Ziele für das Gesamtjahr zu erreichen. Fazit: Mutige Anleger greifen nun zu.

Weitere Korrektur oder Chance zum Einstieg? Valora-Aktie in den letzten fünf Jahren (Quelle: cash.ch)