Es kommt immer wieder vor, dass ein beliebtes Unternehmen bei Anlegern innerhalb nur weniger Tage plötzlich nach unten durchgereicht wird. Allerdings kann das Pendel an der Börse auch in die andere Richtung ausschlagen, wie in diesen Tagen der Gesundheitskonzern Novartis eindrücklich zeigt.

Im Zuge von Erfolgsmeldungen bei mehreren neuartigen Medikamenten ging es für die Aktie des Indexschwergewichts seit dem vergangenen Freitag um über 7 Prozent nach oben. Alleine gestern Donnerstag steuerte die Aktie beim Swiss Market Index (SMI) etwas mehr als 100 Punkte bei.

Umsatzerwartungen für Ilaris steigen kräftig

Insbesondere die ermutigenden Studienergebnisse zu Ilaris bei der Behandlung von Patienten mit Herzkranzarterien-Erkrankungen kommen überraschend - und bringen erste negativ gestimmte Analysten in Erklärungsnot. Denn mit Ilaris setzt Novartis dort an, wo andere Rivalen wie AstraZeneca oder GlaxoSmithKline zuvor gescheitert waren.

Die Novartis-Aktie (rot) ist dem SMI (grün) auf den Fersen (Quelle: www.cash.ch)

Der für die britische Barclays tätige Pharmaanalyst sieht den Gesundheitskonzern aus Basel mit diesem Medikament schon heute in einer Monopolstellung und hält gegebenenfalls einen jährlichen Umsatzbeitrag von 6 Milliarden Dollar oder mehr für möglich. Zum Vergleich: Bisweilen ging der Experte bei Ilaris von einem Jahresumsatz von 450 Millionen Dollar aus.

Erstes dreistelliges Kursziel für die Aktie

Folglich stuft er die Novartis-Aktie von "Underweight" auf "Equal Weight" herauf und erhöht das Kursziel um 23 Prozent auf 80 Franken. Der Kurs liegt allerdings heute schon bei 83 Franken. Zu einer Kaufempfehlung kann sich der Analyst aufgrund der hausgemachten Probleme bei der US-Tochter Alcon und der eher schwachen Stellung in der Immunonkologie jedoch nicht durchringen. Alcon steht schon seit Monaten auf dem Prüfstand, was soviel heisst wie: Novartis überlegt sich diese Geschäftseinheit entweder zu verkaufen oder als eigenständiges Unternehmen an die Börse zu bringen.

Deutlich optimistischer gibt sich sein Berufskollege bei der US-Investmentbank Jefferies. Er bekräftigt seine bisherige Kaufempfehlung und hebt das Kursziel als einziger Vertreter seiner Berufsgruppe auf 103 Franken an. Dort notierte die Novartis-Aktie im Sommer 2015 schon einmal kurz, liegt das bisherige Rekordhoch doch bei 103,20 Franken.

Selbst unter dem Beiziehen vorsichtiger Annahmen traut der Experte dem Medikament Ilarias einen Jahresumsatz von 3,6 Milliarden Dollar zu. Etwas schwieriger sei das Augenmedikament RTH258 einzuschätzen, so lässt er durchblicken. Erst am Dienstag legte Novartis vielversprechende Studienergebnisse zu RTH258 vor. Auf dem Gebiet der altersbedingten neovaskulären Makula-Degeneration zeigte das Präparat eine mit dem Konkurrenzmedikament Eylea vergleichbare Wirksamkeit. Allerdings muss RTH258 deutlich seltener verabreicht werden, was von Vorteil ist.

Bei Jefferies lässt man durchblicken, dass die Novartis-Aktie weltweit der am wenigsten zum Kauf empfohlene Pharmawert überhaupt sei. Nach den Erfolgsmeldungen bei Ilaris und dem als margenstark geltenden Augenmedikament RTH258 sowie der heute Freitag bekanntgewordenen US-Marktzulassung für die Kombination von Tafinlar und Mekinist zur Behandlung von Lungenkrebs, sieht der Analyst weitere negativ gestimmte Berufskollegen kapitulieren.

Gehen von Novartis weitere Impulse für den SMI aus?

Wie Erhebungen der Nachrichtenagentur AWP verraten, haben derzeit neun Experten eine Kaufempfehlung für die Aktie von Novartis ausstehen. Zwölf weitere schätzen das SMI-Schwergewicht neutral, zwei sogar negativ ein.

Sollten weitere Heraufstufungen für die Aktie des Gesundheitskonzerns aus Basel eintreffen, profitiert davon auch der SMI. Mit einer Gewichtung von 20,9 Prozent ist Novartis nach dem Nahrungsmittelhersteller Nestlé das zweitgrösste Unternehmen im Börsenbarometer. Allerdings hat sich die Börsenbetreiberin SIX dazu entschieden, die Gewichtung bis Mitte September in mehreren Schritten auf einen neuen Maximalwert von 18 Prozent zu stutzen.