Die Schweizer Währungshüter schenken den Risiken durch die Klimaerwärmung mehr Aufmerksamkeit. "Wir müssen den Klimawandel berücksichtigen", sagte Thomas Jordan, Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), am Donnerstag anlässlich der vierteljährlichen Zinssitzung der Zentralbank in Bern. "Bei diesem wichtigen Thema geht es uns vor allem darum, allfällige Folgen für das Funktionieren der Volkswirtschaften und der Finanzsysteme, weltweit und in der Schweiz, richtig abschätzen zu können."

Zwei Faktoren des Klimawandels sind Jordan zufolge für die Geldpolitik relevant: Zum einen strukturelle Veränderungen, die in den Prognosemodellen berücksichtigt werden müssen, und zum anderen Regulierungen zum Schutz des Klimas, die zu abrupten Preisänderungen wichtiger Güter führen.

SNB-Direktor Fritz Zurbrügg wies auf möglich Risiken für das Finanzsystem der Schweiz durch den Klimawandel hin. "Gegenwärtig schätzt die Nationalbank die Wahrscheinlichkeit als gering ein, dass mit dem Klimawandel verbundene Risiken die Stabilität des Bankensystems als Ganzes gefährden", sagte Zurbrügg. Kürzlich hatte auch die Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma) gewarnt, dass der Klimawandel eines der bedeutendsten langfristigen Risiken für die Branche sei.

Klimawandel spielt immer wichtigere Rolle

Nicht zuletzt spielten Klimarisiken auch im Hinblick auf die Anlagepolitik das SNB eine Rolle, erklärte Notenbank-Direktorin Andrea Maechler. Sie könnten Marktschwankungen auslösen oder verstärken. Eine Absage erteilte sie einer aktiven Rolle der SNB in der Klimadebatte. Das sei nicht Ziel der Geldpolitik.

Die SNB gilt mittlerweile als einer der grossen Investoren weltweit. Die Zentralbank hat durch ihre Interventionen zur Schwächung des Frankens Fremdwährungen im Wert von knapp 800 Milliarden Dollar angehäuft, die sie unter anderem in Aktien und Anleihen in Euro, Dollar und anderen Währungen investiert. Schweizer Politiker wollen die Zentralbank veranlassen, auf Investitionen in fossile Brennstoffe zu verzichten.

Das Thema Klimawandel spielt in der Politik eine immer wichtigere Rolle. So hat die neue EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen angekündigt, in den nächsten Jahren rund 100 Milliarden Euro in einen besseren Umweltschutz investieren zu wollen. Und bei Überprüfung der Strategie der Europäischen Zentralbank (EZB) durch die neue Präsidentin Christine Lagarde dürfte der Klimawandel eine wichtige Rolle spielen.

Negativzins bleibt auf Rekordtief

Am bestehenden geldpolitischen Kurs hielt die SNB angesichts der verhaltenen Konjunkturdynamik und Risiken durch die handelspolitischen Spannungen fest: Sie setzt unverändert auf einen rekordtiefen Leitzins von minus 0,75 Prozent und will bei Bedarf am Devisenmarkt eingreifen, um einen Höhenflug des Franken zu verhindern, der die exportorientierte Wirtschaft des Landes bedrohen würde. Am Donnerstag kostete ein Euro 1,0940 Franken.

Die Negativzinsen seien zentral für die Geldpolitik und ihr Nutzen sei eindeutig grösser als ihre Kosten, sagte Notenbankchef Jordan. Der seit fast fünf Jahren bestehende Negativzinskurs wird in der Schweiz immer stärker kritisiert - weil er insbesondere Versicherungen und Pensionskassen zu schaffen macht und zu einer Überhitzung am Immobilienmarkt führen könnte. Bei Banken schmälern Negativzinsen die Zinsmarge. Jordan betonte, dass die Zentralbank kein Interesse daran habe, die Negativzinsen beizubehalten, wenn sie nicht nötig seien.

Doch bevor die Notenbank an den Zinsen schraubt, wird sie wohl einen genauen Blick auf die EZB werfen. Denn die SNB ist darauf bedacht, die Zinsen tiefer zu halten als in der Euro-Zone, um den bei Investoren als "sicheren Hafen" gefragten Franken weniger attraktiv zu machen. "Wenn die Fed und die EZB die Zinsen senken - was das Basisszenario ist -, könnten wir im März auch von der SNB Zinssenkungen sehen", sagte UBS-Ökonom Alessandro Bee. "Wenn die EZB jedoch auf Zinssenkungen oder mehr QE verzichtet, ist eine Zinssenkung in der Schweiz vom Tisch."

(Reuters)