Wohlhabende Individuen verstecken bis zu 32 Billionen Dollar im Ausland. Mehr als 30 Prozent der 200 reichsten Menschen der Welt kontrollieren Teile ihres Privatvermögens indirekt über ausländische Holdinggesellschaften oder andere Konstrukte. Diese Strukturen verstecken häufig Vermögenswerte vor Steuerbehörden oder bieten eine rechtliche Absicherung vor potenziellen Verstaatlichungen und Klagen.

Im Fall ​des russischen Milliardärs Dmitri Rybolowlew läuft die Scheidungsklage seit fast fünf Jahren und umfasst mindestens sieben Länder. Dabei wirft Elena Rybolowlewa ihrem Mann vor, sich einer "Vielzahl von Drittparteien" zu bedienen, um ein Netzwerk von Offshore- Holding-Gesellschaften und Stiftungen zu schaffen, um dadurch Vermögenswerte außerhalb ihrer Reichweite zu verstecken. Sie fordert von ihm 6 Milliarden Dollar. Dabei geht es unter anderem um Kunstwerke für etwa 500 Millionen Dollar, Juwelen für 36 Millionen Dollar und eine Yacht für 80 Millionen Dollar.

Klagen auch in der Schweiz

Die Klagen laufen in der Schweiz, auf den britischen Virgin Islands, in England, Wales, den USA, Zypern und Singapur. Das Vermögen von Rybolowlew wird auf 9,5 Milliarden Dollar geschätzt. Im Jahr 2011 kaufte er über eine Stiftung, die in Zusammenhang mit seiner Tochter Ekaterina steht, für 88 Millionen Dollar ein Apartment in New York, wie aus den Scheidungsunterlagen hervorgeht. Verkäufer war die Frau von Sandy Weill, dem früheren Chairman von Citigroup. Rybolovlev, der in Monaco lebt, machte den größten Teil seines Vermögens mit dem Verkauf 2010 und 2011 von zwei Kaliproduzenten für 8 Milliarden Dollar. Er hielt OAO Uralkali und OAO Silvinit durch die Madura Holding mit Sitz auf Zypern.

Weniger als 100'000 Menschen besitzen 9,8 Billionen Dollar an Offshore-Vermögenswerten, zeigen Nachforschungen des früheren McKinsey-Volkswirts James Henry. Insgesamt dürften die Reichsten Ende 2010 bis zu 32 Billionen Dollar im Ausland geparkt haben, zeigen Daten von Tax Justice Network, einer britischen Organisation, die sich für Transparenz im Finanzsystem einsetzt.

Kauf eines Flüssiggas-Tankers

Der US-Energie-Milliardär George Kaiser, dessen Vermögen sich auf 13,5 Milliarden Dollar summiert, profitiert davon, dass 3,4 Milliarden Dollar in der steuerbefreiten Kaiser Family Foundation geparkt sind, wie aus Steuerunterlagen hervorgeht. Diese wohltätige Organisation kaufte im Jahr 2003 für 110 Millionen Dollar einen Flüssiggas-Tanker. Dann wurde ein Exklusiv-Abkommen unterzeichnet, wodurch die Kontrolle über das Schiff an Excelerate Energy ging, einen gewinnorientierten Gaslieferkonzern, den Kaiser gemeinsam mit dem deutschen Stromkonzern RWE kontrolliert.

Seit Beginn der weltweiten Finanzkrise 2008 sind die Gesetze und Abkommen, die die Gründung und Aufrechterhaltung von Steueroasen gefördert haben, immer mehr in die Kritik geraten und durchlaufen eine Wende hin zu mehr Transparenz.

Liechtenstein, einst berühmt für sein Bankgeheimnis, verpflichtet seine Finanzinstitutionen seit dem Jahr 2009 dazu, Details über die Nutznießer aller Konten in dem Land festzuhalten - und zu veröffentlichen, wenn verlangt. Andorra und die Schweiz zogen innerhalb eines Tages nach.

Singapur verschärft Gesetze

In Singapur, dem Herzen der Bank- und Offshore-Branche in Asien, ist es ab dem 1. Juli strafbar, Gewinne aus Steuerhinterziehung zu waschen. Luxemburg kündigte am 10. April an, dass das Bankgeheimnis des Grossherzogtums 2015 fallen wird.

Es gibt unterschiedlichste Strukturen, derer sich Milliardäre bedienen, um ihr Vermögen zu kontrollieren. Da gibt es beispielsweise die niederländische Stichting, auf die Ingvar Kamprad, der Gründer von Ikea und fünftreichste Mensch der Welt, setzt. Sein Vermögen wird ihm vom Bloomberg Billionaires Index zugesprochen, da er die Konstrukte kontrolliert, die wiederum Ikea kontrollieren. Der Milliardär selbst streitet ab, das Unternehmen zu kontrollieren.

In Deutschland gründete Dieter Schwarz, der zweitreichste Mensch des Landes, im Jahr 1999 eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH). Darin befinden sich seine Discounter-Ketten Lidl und Kaufland, die gemeinsam den größten privaten Nahrungsmittelhändler Europas bilden.

Der 73-Jährige kontrolliert über die Dieter Schwarz Stiftung gGmbH ein Vermögen von 23,6 Milliarden Dollar. Die von der Steuer befreite Gesellschaft hatte bis Ende Oktober 2012 mehr als 30 Millionen Euro für wohltätige Zwecke ausersehen, erklärte Sprecherin Gertrud Bott. Die Summe entspricht etwa 0,1 Prozent des Nettovermögens von Schwarz.

Offshore-Konto ist nicht teuer

Wer sich ein Offshore-Konto zulegen will, muss dafür nicht sonderlich tief in die Tasche greifen, sagt Anwalt Waleri Tutychin von der Genfer Kanzlei John Tiner & Partners, die sich auf Vermögensverwaltung spezialisiert hat. Gewöhnlich würden solche Gesellschaften etwa 1500 Dollar kosten, russische Studenten würden sie jedoch bereits für 200 Dollar anbieten. Selbst die angesehensten Firmen verlangen für Offshore- Konstrukte nicht viel mehr, wobei Milliardäre häufig noch "zehntausende" Dollar für Anwälte und zur Sicherung der Diskretion ausgeben.

Solche wohlhabende Einzelpersonen sollten damit aufhören, nach neuen Steueroasen zu suchen, um ihre Vermögenswerte zu verstecken, rät der Steuerberater Philip Marcovici aus Hongkong, der im Verwaltungsrat des Liechtensteiner Vermögensberaters Kaiser Partner Group sitzt.

"Wir leben in einer Welt, in der einem nur zwei Möglichkeiten bleiben: Sich an die Regeln des Landes zu halten, in dem man wohnt, oder es zu verlassen, wenn man nicht nach den Regeln spielen will", sagt Marcovici.

(Bloomberg)