Im November präsentieren die grossen Versicherer ihre Zahlen zu den ersten neun Monaten oder zum dritten Quartal. Analysten nehmen die Einnahmen und die Gewinne unter die Lupe, beurteilen die Kostenstruktur eines Konzerns und achten auf die Ertragskraft - wie bei allen börsenkotierten Unternehmen. Speziell bei Versicherern spielen aber auch folgende Kennzahlen eine zentrale Rolle - auch für den Aktienkurs.

Combined Ratio: Die Combined Ratio bezeichnet im Sachgeschäft das Verhältnis der Kosten für den Versicherungsbetrieb und den Belastungen für Schadenzahlungen zu den Prämieneinnahmen. Liegt der Wert unter 100 Prozent, ist das reine Versicherungsgeschäft profitabel. Mithilfe von der Auflösung von Reserven, die für frühere Verpflichtungen nicht mehr benötigt werden, kann ein Versicherer die Combined Ratio "aufhübschen". Liegt die Combined Ratio trotz allem über 100 Prozent, kann ein Versicherer in der Nichtlebensparte nur noch aus anderen Quellen Gewinn erzielen, etwa über Kapitalanlagen und Immobilien.

Neugeschäftsmarge: Die Neugeschäftsmarge bezeichnet die Qualität des Neugeschäfts bei Lebensversicherern. In dieser Sparte sind die Axa Winterthur und Swiss Life die Marktführer. Eine Neugeschäftsmarge von über 10 Prozent gilt als gut. Errechnet wird die Kennzahl wie bei den Versicherern üblich kompliziert: Die Neugeschäftsmarge ist das Verhältnis des Werts des Neugeschäfts zum Jahresprämienäquivalent, das wiederum aus der Summe der Jahresprämien aus dem Neugeschäft und 10 Prozent der Einmalprämien in einer Berichtsperiode. Haben Sie es verstanden?

Wachstum gegenüber Markt: Manche Analysten vergleichen die Veränderung der Prämieneinnahmen auch mit dem Wachstum des Marktes. So ist das Sachgeschäft in der Schweiz 2013 um 0,3 Prozent gewachsen, das Lebengeschäft um 1,6 Prozent. Der Rückversicherungsmarkt, der eigenen Gesetzmässigkeiten unterliegt, wuchs um 5,7 Prozent.

Eigenkapitalrendite: Die Verzinsung des Eigenkapitals durch den Gewinn in einer Geschäftsperiode ist nicht nur für die Analysten eine wichtige Kennzahl, sondern dient auch den Unternehmen selbst als zentrale Richtschnur. Versicherungsmanager setzen für die Zukunft Renditeziele, die das Anlegervertrauen in die Versicherungskonzerne erhöhen sollen, und nehmen als Zeithorizont mindestens den "Branchenzyklus".

Branchenzyklus: Ein schwierig zu definierender Begriff aus dem Sach- bzw. Nichtlebengeschäft, in dem in der Schweiz die Axa Winterthur, Zurich, die Mobiliar, Allianz, Bâloise und Helvetia sowie einige Krankenversicherer führend sind. Er bezeichnet, wo ein Unternehmen steht, etwa in Bezug auf den Schadenverlauf oder die Preise. Im Schweizer Markt, wo Versicherungen vor allem über Agenturen vertrieben werden sind die Preisschwankungen klein. In Grossbritannien, wo Broker eine wichtige Rolle spielen, schwanken die Preise schnell einmal um 10 oder 15 Prozent. Solche Aspekte versuchen die Versicherer in ihre Planungen zu integrieren.

Rückversicherungspreise: Speziell bei den Rückversicherungen wie der Swiss Re spielt der Preiszyklus eine Rolle: Bei hohen Schadenanfall steigen die Preise in der Regel, bei wenig Schäden sinken sie. Die Preise hängen zusammen mit den Zeitpunkten, wenn die Rückversicherer und ihre Kunden die Verträge erneuern. Das ist traditionell im Januar, April, Juni und Juli der Fall. Die Anbieter versuchen mit wechselhaftem Erfolg, aus den Zyklen a) möglichst profitabel Geschäfte zu ziehen und sie b) im Sinne einer Langfristplanung zu "glätten". Im Moment haben die Rückversicherungspreise eine sinkende Tendenz, da es in letzter Zeit wenig Katastrophen gab und da die Konkurrenz auf dem Markt wächst, vor allem auch durch nicht-traditionelle Rückversicherer wie Hedgefonds.

Dividende: Zum Jahresende hin suchen Anleger und Analysten auch vermehrt nach Hinweisen auf die Dividende. Diese lässt unter anderem Rückschlüsse auf die Gewinnkraft des Unternehmens zu. Zudem spielt die Kapitalausstattung eine Rolle für die Bemessung der Ausschüttungen: Indem in der Schweiz mit dem Swiss Solvency Test und in der EU mit Solvency II die Kapitalregeln für Versicherer verändert und verschärft werden, ist die so genannte Solvabilität (freies Eigenkapital im Verhältnis zu den Verpflichtungen, die der Versicherer eingegangen ist) stärker ins Interesse der Analysten gerückt.

Für die Bewertung eines Unternehmens wichtig sind das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) und das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV). Diese werden aber bei allen börsenkotieren Unternehmen analysiert.