Auslöser waren Befürchtungen, dass diese Länder aus der Europäischen Union ausscheiden könnten. Jetzt sind Investoren nur noch einen Hauch davon entfernt, für dieses Privileg bezahlen zu müssen.

Ein beispielloser Aufwärtstrend bei den Staatsanleihen in der ganzen Welt hat dazu geführt, dass die zehnjährigen Renditen in den Staaten der iberischen Halbinsel Rekord-Tiefstände von fast 0 Prozent verzeichneten. Nachdem Staatspapiere weltweit im Volumen von rund 16 Billionen US-Dollar jetzt eine negative Verzinsung haben, greifen Anleger bei positiven Renditen zu, wo immer sie diese finden können - auch wenn es bedeutet, in einige der risikoreicheren Märkte des Euro-Währungsgebiets zu investieren.

Während dies eine aussergewöhnliche Trendwende für Länder darstellt, die einst vor dem Bankrott standen, markiert es auch eine neue Ära für die Anleihemärkte, in der die Renditen auf Dauer niedrig sind und die Zentralbanken wenig tun können, um die Inflation wiederzubeleben. Und es bringt eigene Gefahren mit sich - die wachsende Angst, dass eine Bondblase entsteht.

“Ich fürchte, alle Kurven tendieren in Richtung Null und alle Renditen tendieren in Richtung Null”, sagte James Athey, Senior Investment Manager bei Aberdeen Standard Investments, der derzeit keine Positionen in spanischen oder portuiesischen Bonds hat. “Es wäre ein unglaublich besorgniserregendes Signal.”

Rally wird durch Erwartungen an EZB weiter angeheizt

Im gesamten Euroraum haben die Renditen Rekordtiefs erreicht und rutschten in den bonitätsstärksten Märkten in den negativen Bereich, während sich der Pessimismus über die globalen Wachstumsaussichten verstärkte. Die Rally wird auch durch die zunehmenden Erwartungen bezüglich einer geldpolitischen Lockerung der Europäischen Zentralbank angeheizt. Die EZB sollte bei ihrer nächsten Sitzung im September ein „wirksames und umfassendes“ Massnahmenpaket vorlegen, sagte EZB-Ratsmitglied Olli Rehn in einem Interview am Donnerstag.

“In einem Regime der finanziellen Repression ist dies normal”, sagte Jorge Garayo, Stratege für Festverzinsliche bei Société Générale SA, und verweist auf die extrem niedrigen Renditen. „Die grosse Frage ist, wie sich das Ganze im Laufe der Zeit entwickelt. Niedrigere Renditen fördern eine stärkere Kreditaufnahme, wenn die Verschuldung bereits hoch ist. “

Die zehnjährigen Renditen sind in der vergangenen Woche in Spanien und Portugal unter 0,1 Prozent gefallen - weit entfernt von Höchstständen von fast 8 Prozent bzw. 18 Prozent vor sieben Jahren, als die Länder mit einer Schuldenkrise zu kämpfen hatten und finanzielle Rettungspakete von der Europäischen Union oder dem Internationalen Währungsfonds in Anspruch nehmen mussten. Bei beiden Ländern erreichte der Renditespread gegenüber Deutschland, ein wichtiges Risikomass, im vergangenen Monat ein Rekordtief von 60 Basispunkten.

Bessere Ratings

Während die Bonitätsnoten der iberischen Staaten immer noch weit unter denen von Ländern mit Spitzenratings wie Deutschland liegen, haben sie sich von den Nach-Krisen-Tiefständen etwas erholt. Spanien wird derzeit bei Moody’s Investors Service mit Baa1 oder drei Stufen über Junk eingestuft, nachdem es 2012 auf Baa3 gesenkt wurde. Portugal liegt nun bei Baa3, der niedrigsten Investmentgrade-Note, nachdem es zuvor drei Stufen in die Kategorie Junk abgerutscht war.

Die Verschuldung der beiden Länder ist nach wie vor hoch, ein Indikator für ein relativ hohes Risiko. Die Staatsschulden Spaniens machen 98 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt aus, bei Portugal liegt der Wert bei 126 Prozent.

Konjunkturerholung

Auch die iberischen Anleihen haben vom wirtschaftlichen Comeback der Region profitiert. Trotz gewisser politischer Unsicherheiten wie der Katalonien-Krise im Jahr 2017 verzeichneten beide Länder mit die höchsten Wachstumsraten des Euroraums. Portugal und Spanien wiesen bis Juni ein Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent bzw. 2,3 Prozent auf, verglichen mit einer Stagnation in Deutschland.

Zusätzliche Unterstützung für spanische und portugiesische Anleihen kam aus dem 2,6 Billionen Euro schweren Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank, das auch in turbulenten Zeiten einen Käufer garantierte. Portugal konnte in dem Ankaufprogramm bleiben, weil DBRS als einzige Ratingagentur die Bonität nicht auf Junk heruntergestuft hat, obwohl das Land 2011 auf ein Rettungspaket des IWF angewiesen war, um die Krise zu überstehen.

“Die iberischen Länder haben Jahr für Jahr grosse wirtschaftliche Fortschritte gemacht”, sagte Rüdiger Kerth, ein Portfoliomanager bei Union Investment in Frankfurt. “Die Aussichten bleiben vielversprechend.”

(Bloomberg)