"Konjunktur und Staatsfinanzen sind in einem guten Zustand", sagt Analystin Kristin Lindow von der Ratingagentur Moody's. Ihr Haus dürfte ebenso wie Konkurrent S&P die Bonitätsbewertung russischer Staatsanleihen in diesem Jahr um eine Note anheben und damit wieder als gute Anlage bewerten. "Es ist ein grosses Ding, wenn die 'Investment Grade'-Hürde übersprungen wird", betont David Riley vom Investmenthaus Bluebay. "Das verbreitert und vertieft die Investorenbasis."

Die wirtschaftlichen Daten sprechen für eine bessere Bonitätsnote - trotz der bestehenden westlichen Sanktionen, die nach der Annexion der Krim eingeführt wurden. Die russische Staatsverschuldung macht gerade einmal 16 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Zum Vergleich: Deutschland - das von allen grossen Rating-Agenturen mit der Bestnote AAA bewertet wird - liegt bei rund 65 Prozent. Hinzu kommt noch, dass Russland enorme Devisenreserven angehäuft hat. Sie summieren sich auf fast eine halbe Billion Dollar. Auch die Wirtschaft wächst wieder, beflügelt nicht zuletzt von höheren Preisen für Öl und Gas, den beiden russischen Exportschlagern.

Sanktionsliste der USA als Damoklesschwert

Sollte Russland das begehrte "Investment Grade" zurück bekommen, sollte Moskau davon finanziell profitieren. Internationale Geldgeber dürften dann verstärkt bereit sein, Staatsanleihen zu kaufen. Einer Analyse der Grossbank Unicredit zufolge sinken die Kosten für die Schuldenaufnahme von Schwellenländern durch die höhere Nachfrage nach den Bonds merklich: Für jeden Prozentpunkt, den der Anteil der internationalen Geldgeber an den Verbindlichkeiten steigt, sinkt im Gegenzug der Zins um 0,12 Prozentpunkte.

Allerdings bleibt ein grosses Fragezeichen, das Russlands Vorfreude auf eine bessere Bonität merklich trübt: Was passiert, sollten die USA russische Staatsanleihen auf ihre Sanktionsliste setzen, wie es in Washington bereits diskutiert wurde? Das könnte bei grossen Geldgebern für Kopfschmerzen und Zurückhaltung sorgen, da juristische Schwierigkeiten drohen könnten. "Das ist ein grundlegendes Problem, das jeder Anleger beachten muss", sagt David Riley von Bluebay. Portfoliomanager Abhishek Kumar von State Street Global Advisors formuliert es drastischer: "Das würde Pandoras Büchse öffnen."

(Reuters)