Wenn man sich den Aktienkurs des Industrieunternehmens Feintool vor Augen hält, fällt vor allem der massive Kurssturz von Anfang Mai auf. Zwar erholte sich die Aktie ab Mitte 2020 noch gut. Doch wenn man sich die dreijährige Kursentwicklung betrachtet, wird klar, dass Feintool schon seit 2019 mehrere Kursstürze hinzunehmen hatte.

Kursverlauf der Feintool-Aktie in den vergangenen 36 Monaten (Grafik: cash.ch).

Dies, obwohl das Unternehmen durchaus etwas vorzuweisen hat, was auch dem Aktienkurs nützen kann. Dadurch, dass sich Feintool auf die Anwendung der Feinschneide-Technologie an Komponenten und Teilen spezialisiert hat, bewegt sich das Unternehmen in einem Segment, in welchem nur wenig Konkurrenzkampf herrscht.

Von Autoindustrie abhängig

Diese Spezialisten-Rolle hat das Unternehmen vor allem in der Zulieferung für die Autoindustrie. Das bedeutet, dass wenn sich die Autobranche in erfolgreichen Zeiten wiederfindet, dies auch für Feintool zumeist gute Zahlen verspricht. Die Abhängigkeit von der Automobilindustrie ist hoch.

Zum Verhängnis wurde dies Feintool während der Anfangsphase der Pandemie: Die Autoindustrie musste während dieser Zeit mit deutlich reduzierten Verkaufszahlen kämpfen. Corona-bedingt schloss Feintool mehrere Betriebe über Wochen hinweg. Dies führte auch dazu, dass das Unternehmen 2020 die Dividendenzahlung aussetzen musste. Immerhin konnte sich die Firma 2021 aber vom Corona-Schock ein wenig erholen. 

Dies sollte jedoch nicht ewig anhalten. Ein massiver Anstieg der Energiekosten und Stahlpreise und ein Mangel an Halbleiterchips haben dazu geführt, dass die Autoindustrie erneut stark unter Druck gekommen ist. Dies wirkte sich auch auf Feintool aus, gerade weil das Unternehmen so abhängig von dieser Industrie ist.

Ebenfalls musste das international tätige Unternehmen, welches neben Europa und den Vereinigten Staaten auch in China und Japan tätig ist, mit Lieferketten-Problemen kämpfen. Nach einer Erholung von der Pandemie sank der Kurs Ende 2021 dementsprechend wieder.

Elektromotoren als neuer Fokus

Ein tieferliegender Grund, weshalb der Kurs nach Corona wieder zurückging, lag an einer fehlenden technologischen Neuausrichtung: "Feintool war die letzten Jahre im grossen Mass abhängig von Verbrennungsmotoren, was zum Kursfall des Unternehmens mit beigetragen hat", sagt Stifel-Analyst Alexander Koller.

Inzwischen habe sich der Fokus aber vermehrt auf Elektromotoren verschoben, so der Experte. Das Unternehmen, welches als sehr kapitalintensiv gilt, gab denn auch Ende 2021 bekannt, dass es den deutschen Automobilzulieferer Kienle + Spiess übernehmen wird. Mit dem Kauf des Unternehmens, dass mit Rotoren und Statoren Kernkomponenten eines Elektromotors herstellt, will Feintool seine Marktstellung in diesem Bereich stärken.

Damit der Kauf von Kienle + Spiess auch finanziert werden kann, entschied sich das Unternehmen dazu, eine Kapitalerhöhung vorzunehmen. Diese Erhöhung liess den Aktienkurs jedoch vollends zusammenbrechen. Im separaten Handel verloren dann Aktien wie Bezugsrechte deutlich an Wert. Mit dem Abschluss der Kapitalerhöhung fand der Kurs einen gewissen Boden.  

Von diesem Sturz konnte sich die Aktie bislang nur mässig erholen. Das Vertrauen der Anlegerinnen und Anleger gilt es erst einmal wieder zurückzuholen. Sollte sich jedoch die Autoindustrie wieder erholen, würde das auch Feintool wieder auf die Sprünge helfen. Das Unternehmen erhofft sich, mit ihrer Übernahme von Kienle + Spiess seine führende Position bei der Herstellung von Werkzeugen und Komponenten ausbauen zu können.