Der Chipkonzern hob am Donnerstag bei der Zahlenvorlage seine Umsatzprognose für das Geschäftsjahr 2021/22 (30. September) um 300 Millionen auf 12,5 bis 13,5 Milliarden Euro an. Auch beim operativen Gewinn erwartet Infineon mehr, nachdem der Konzern die Erwartungen im ersten Quartal übertroffen hatte. Der Ende März aus dem Amt scheidende Vorstandschef Reinhard Ploss betonte allerdings, dass die Engpässe der Branche bis weit ins Kalenderjahr eine Belastung darstellen werden.

Dies war neben der allgemein schlechten Stimmung bei Technologieaktien ein Grund für deutliche Verluste der im Dax notierten Infineon-Aktie. Zudem gehen einige Analysten davon aus, dass die zuletzt hohen Preise für Chips wegen eines wieder steigenden Angebots bald sinken könnten. Am Nachmittag büsste das Papier rund vier Prozent ein - seit Ende 2021 gab der Kurs damit um rund 14 Prozent nach.

Trotz der hohen Nachfrage blieben im laufenden Geschäftsjahr Unsicherheitsfaktoren, sagte Ploss in der Pressekonferenz. Zum einen betreffe das die Lieferengpässe, die Infineons Geschäft dort belasten, wo der Konzern auf Zulieferer angewiesen ist. Dieser Faktor deckele etwa das Wachstum im Segment CSS, in dem das Geschäft mit Chips für das kontaktlose Bezahlen oder Spielekonsolen gebündelt ist. Zum anderen betreffe es die Ausbreitung der Omikron-Variante. Chinas strikte Corona-Politik könne das Geschäft im Falle eines grösseren Ausbruchs belasten, da Infineon dort produziere und Produkte von Auftragsfertigern bezöge, sagte Jochen Hanebeck, der im April die Nachfolge von Ploss antritt.

JPMorgan-Analyst Sandeep Deshpande äusserte sich mit Blick auf die weitere Entwicklung zurückhaltend. Infineon wachse zwar auch weiter stärker als die Konkurrenz, schrieb er in einer aktuellen Studie. Immerhin profitiere der Konzern vom Trend zu mehr E-Autos, wo er Marktführer sei. Es gebe aber Hinweise, dass Infineon derzeit von steigenden Preisen profitiere. Da sich die Lager in der Branche langsam wieder füllten, könnte dieser Effekt zu Infineons Ungunsten wegfallen. Auch Bestellungen könnten dann annulliert werden.

Tatsächlich ist Infineons Auftragsbestand in Höhe von 13 Milliarden derzeit auf hohem Niveau. Über die Hälfte davon gehe auf die Automobil-Sparte zurück, hiess es vom Unternehmen. Es sei durchaus möglich, dass ein Teil dieser Bestellungen annulliert würden, sobald sich die Lieferzeiten wieder verkürzten. Die Bedarfslage bleibe aber darüber hinaus robust.

Starkes Wachstum in der Automobil-Sparte

In den ersten drei Monaten des laufenden Geschäftsjahres stieg der Umsatz im Vergleich zum Vorquartal um fünf Prozent auf 3,16 Milliarden Euro. Infineon profitierte dabei von einem zweistelligen Wachstum in der wichtigen Automobil-Sparte. Das Segmentergebnis stieg um 16 Prozent auf 717 Millionen Euro. Damit lagen Umsatz und operativer Gewinn sowohl über der Prognose des Konzerns als auch den Erwartungen der Analysten.

Die Marge stieg zum Vorquartal um 2,2 Prozentpunkte auf 22,7 Prozent. Unter dem Strich belastete ein erhöhtes Steueraufkommen das Ergebnis. Der Gewinn belief sich im ersten Quartal des Geschäftsjahres auf 457 Millionen Euro und damit etwas weniger als im Quartal zuvor. Der Bedarf an Halbleiterprodukten sei nach wie vor "deutlich höher" als das Angebot, sagte Ploss. Das Unternehmen baue die Kapazitäten deshalb schrittweise aus und produziere in hoher Auslastung. Im Lauf des Geschäftsjahres rechnet Infineon insbesondere mit Wachstum in den Sparten Automobil und CSS.

Das Ergebnis im ersten Quartal dürfte nach Einschätzung des DZ-Bank-Experten Dirk Schlamp neben dem Währungseinfluss auch durch Preis- und Mengeneffekte angetrieben worden sein. Beachtlich sei, dass Infineon dabei in allen Sparten ausser Industrial Power Control über den Erwartungen gelegen habe. Schlamp bezeichnet den Start in das Geschäftsjahr deshalb als "erfreulich" und bescheinigt dem Konzern auch wegen einer positiven fundamentalen Lage gute Aussichten.

Bei der höheren Prognose profitiert Infineon allerdings von einem ganz anderen Effekt - diese beruhe zum grössten Teil auf dem schwächeren Euro. Grundlage der erneuerten Prognose sei nun ein Euro-Kurs von 1,15 US-Dollar. Bislang hatte Infineon mit 1,20 Dollar kalkuliert. Damit bleibt bei den in Dollar gestellten Rechnungen mehr in der Gewinn- und Verlustrechnung von Infineon hängen. Der Konzern erzielt rund zwei Drittel seiner Erlöse in Dollar, seit er den US-Konzern Cypress übernommen hat.

Die Marge des Segmentergebnisses - Infineons Grösse für den operativen Gewinn - soll demnach im laufenden Geschäftsjahr auf 22 (Vorjahr 18,7) Prozent ansteigen. Zuvor hatte der Chiphersteller mit einem Prozentpunkt weniger gerechnet. Die neuen Ziele für den Umsatz und die operative Marge ergeben rechnerisch einen operativen Gewinn von knapp 2,9 Milliarden Euro. 2020/21 hatte Infineon bei einem Umsatz von elf Milliarden Euro operativ rund 2,1 Milliarden Euro verdient.

(AWP)