Mit immer neuen Zugeständnissen ringen der Telekomkonzern Sunrise und der US-Kabelkonzern Liberty Global um grünes Licht für ihren geplanten Milliarden-Deal in der Schweiz: Um den Verkauf der Liberty-Tochter UPC an Sunrise zu ermöglichen, will sich der US-Konzern nun mit bis zu einer halben Milliarde Franken an dem fusionierten Unternehmen beteiligen, wie beide Firmen am Montag mitteilten.

Die überraschende Ankündigung soll helfen, die nötige Zustimmung der Sunrise-Aktionäre zu der Transaktion zu erlangen. Ob das gelingt, ist allerdings offen - denn mindestens 30 Prozent der Eigentümer lehnen den 6,3 Milliarden Franken schweren Deal trotz der jüngsten Nachbesserungen weiterhin ab. Dazu zählen der grösste Aktionär Freenet sowie zwei weitere wichtige Investoren.

Die GV vom 23. Oktober wird mit Spannung erwartet

Mit der Übernahme von UPC will Sunrise mit Bündelangeboten für Mobilfunk, Breitband-Internet, TV und Festnetz Marktanteile gewinnen und den Abstand auf Marktführer Swisscom verringern. Doch die Transaktion kann nur vollzogen werden, wenn die Sunrise-Aktionäre auf einer Generalversammlung am 23. Oktober ihre Zustimmung für eine bis zu 2,8 Milliarden Franken schwere Kapitalspritze zur Finanzierung der Übernahme geben. Doch Freenet und mehrere andere Grossaktionäre störten sich unter anderem am Kaufpreis sowie dem Umfang der Kapitalerhöhung und setzten ein Fragezeichen hinter die Zukunftsaussichten von UPC.

Um sie zu überzeugen, hat Sunrise bereits zweimal nachgelegt: Zunächst mit - zwischenzeitlich gescheiterten - Plänen für eine Wandelanleihe, später mit Verringerung der Kapitalerhöhung auf 2,8 von 4,1 Milliarden Franken. Doch weil die benötigte Zustimmung der Aktionäre damit immer noch nicht sicher war, tritt nun der Verkäufer Liberty in Aktion: Die Amerikaner wollen im Rahmen der Kapitalerhöhung an der Börse Bezugsrechte auf Sunrise-Aktien kaufen und danach neue Titel zeichnen. Jene Investoren, die bei der Kapitalerhöhung nicht mitziehen wollen, können sich nun Hoffnungen machen, ihre Bezugsrechte zu einem besseren Preis zu verkaufen.

Am Ende würde Liberty eine Position von bis zu 7,8 Prozent erwerben. Halten die Amerikaner über fünf Prozent, haben sie laut Vereinbarung das Recht, auf der Generalversammlung im April 2020 ein Verwaltungsratsmitglied zu stellen. Liberty Global gibt damit den ursprünglichen Plan auf, sich nicht an Sunrise und damit den Risiken eines fusionierten Unternehmens zu beteiligen.

Ändert ISS die Meinung? 

Doch Freenet, die 24,5 Prozent an Sunrise hält, zeigt den Schweizern unverändert die kalte Schulter. Die neuesten Entwicklungen zeigten, dass Sunrise auf den letzten Metern mit allen Mitteln versuche, das Ruder rumzureissen, hiess es in einer Stellungnahme. Auch ein zweiter Top-Ten-Investor lehnt den Zukauf weiterhin ab - ebenso wie die Luxemburger Fondsgesellschaft Axxion und der aktivistische Investor AOC. "Dass Liberty sich nun entgegen aller bisherigen Beteuerungen an Sunrise beteiligen will ist paradox und zeigt, wie verzweifelt die Sunrise Führung ist, den Deal durchzubringen", erklärte AOC.

Entscheidend könnte nun sein, wie sich die grossen Stimmrechtsvertreter verhalten: ISS empfiehlt den Aktionären bislang, gegen die Kapitalerhöhung zu stimmen. Ob die ISS-Analysten nun zu einer anderen Einschätzung kämen, lasse sich noch nicht abschätzen, erklärte eine Sprecherin. Glass Lewis und der Schweizer Stimmrechtsberater Ethos hatten sich für die Kapitalerhöhung ausgesprochen.

Um die Kapitalspritze in Angriff zu nehmen, benötigt Sunrise das Okay von mindestens der Hälfte des auf der Hauptversammlung vertretenen Kapitals- das könnte sich als hohe Hürde erweisen. Insidern zufolge hofft Sunrise auf eine Beteiligungsquote von über 70 Prozent.

(Reuters)