"Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich das, was vor zwei Jahrzehnten in Japan geschah, derzeit im Euroraum entwickelt", sagte Andrew Bosomworth, Portfolio-Manager bei Pacific Investment Management Co. "Wahrscheinlich bedeutet dies die Japanifizierung der Kapitalmärkte - niedrigere Renditen für einen längeren Zeitraum. Vielleicht für immer. "

Die Kursschwankungen auf dem europäischen Staatsanleihemarkt sind laut einem Merrill Lynch-Index die geringsten in der Geschichte. Das hat bereits dazu beigetragen, die Renditen der als Benchmark verwendeten deutschen Bundesanleihen auf den niedrigsten Stand seit zwei Jahren zu drücken und die Rekordnachfrage nach höheren Renditen risikoreicherer Papiere der Euroraum-Peripherie anzukurbeln. Wenn die Handelsmöglichkeiten versiegen, kann Geld weiterhin in Anleihen getrieben werden, was die Renditen weiter drückt.

Die maroden Märkte spiegeln eine Region wider, in der sich die Perspektiven rapide verschlechtern. Einige Volkswirtschaften flirten mit einer Rezession, in einem Jahr, in dem eigentlich eine vorsichtige Normalisierung der Geldpolitik vorgesehen war. Das lässt die Anleger zweifeln, ob die Europäische Zentralbank in der Lage sein wird, sich aus einer Negativzinspolitik zurückzuziehen, was an Japans Bemühungen erinnert, seine Wirtschaft nach Jahren stagnierenden Wachstums wieder anzukurbeln.

Das asiatische Land war vor 20 Jahren das erste, das die Kreditkosten auf null gesenkt hatte, was die Kursschwankungen der Anleihen und das Handelsvolumen ausgehöhlt hat.

Dann kommt die Zinswende nie

Bosomworth von Pimco verwies auf Parallelen zwischen dem Euroraum und Japans Erfahrung in Bezug auf die benötigte Zeit für die Bereinigung von notleidenden Krediten im Bankensektor, sowie auf die alternde Bevölkerung, ein "Elefant im Raum", der zu einer niedrigeren strukturellen Inflation führt. Das bedeutet wahrscheinlich, dass die Zentralbanken die Zinsen jahrzehntelang niedrig halten, sagte er.

"Wenn das, was wir durch die Brille der Demografie, des Bankensektors sehen, richtig ist, könnte eine Zinswende möglicherweise nie kommen", sagte Bosomworth. "Es ist schwer vorstellbar, wie ein Renditeanstieg nachhaltig sein kann.“

Andere Investoren haben auch ein Déjà-Vu-Gefühl. Während die zehnjährigen Renditen in Japan im Januar in den negativen Bereich fielen, bewegen sich die Renditen deutscher Bundesanleihen nun auf null Prozent zu - ein Niveau das zuletzt 2016 beobachtet wurde. Bank of America Merrill Lynch hat eine Korrelation von 76 Prozent zwischen dem Pfad der japanischen und der Euroraum-Bondrenditen errechnet.

"Der Schwund der Bond-Volatilität und die Annäherung der Anleiherenditen europäischer Kernländer an japanische Staatsanleihen sind ein Zeichen dafür, dass Europa dem Risiko einer strukturell niedrigen Inflation ausgesetzt ist", sagte Ben Emons, geschäftsführender Direktor Global Macro-Strategie bei Medley Global Advisors.

Zinsvolatilität auf Rekordtief

Ein Merrill Lynch-Index für die Volatilität von Euro-Zins-Optionen über drei Monate fiel im letzten Monat temporär auf den bisher niedrigsten Stand. Der Euro-Dollar - das am aktivsten gehandelte Devisenpaar der Welt - steuert auf die engste vierteljährliche Spanne seit Einführung der Gemeinschaftswährung vor zwei Jahrzehnten zu.

"Zwar sollte sich die Geschichte niemals wiederholen, aber sie scheint nahe daran zu sein", schrieben Strategen von Bank of America Merrill Lynch um Barnaby Martin. "Die Zinsvola in Europa ist auf ein Rekordtief gesunken und führt erneut zu einer unübersehbaren Renditejagd."

Händler, die auf "länger niedrige Zinsen" setzen, bewirken eine Abflachung sowohl der nominalen als auch die inflationsgebundenen Renditekurven in Europa, während Staatspapiere von historisch risikoreicheren Nationen wie Spanien und Portugal eine Rally verzeichneten. Diese Anleihen bieten einige der höchsten "Carry“ - oder höhere Kuponzahlungen - ein lohnenswertes Investment, wenn die Volatilität niedrig und die politischen Turbulenzen gedämpft bleiben.

Aus diesem Grund ist die Rally bei deutschen Bundesanleihen wohl noch nicht vorbei. Die Papiere waren im vergangenen Jahr eine der wenigen Renditequellen für Anleger, nachdem die Federal Reserve die Zinsen erhöhte und die Hausse bei Aktien zu Ende ging.

"Wir stecken schon lange in einer Falle und haben bisher wenig Chancen zu fliehen", sagte Richard Hodges, Fondsmanager bei Nomura Asset Management. "Die Inflation ist mild, unabhängig davon, wie sehr die quantitative Lockerung der EZB geholfen hat, ihr Ziel zu erreichen. Als Fondsmanager haben wir weiter kaum eine andere Wahl, als Festverzinsliche zu kaufen.“

(Bloomberg)