Nach einem kurzen Aufbäumen letzte Woche steht der Dollar seit Tagen wieder unter Druck. Gegenüber dem Franken taucht der "Greenback" am frühen Freitagmorgen gar unter 0,92 Franken und damit auf den tiefsten Stand seit Juni 2015. Damit errechnet sich alleine seit Jahresbeginn ein Minus von knapp 6 Prozent. Der Dollar-Zerfall begann schon im November des letzten Jahres.

Geht es nach dem Ökonomen-Lehrbuch, müsste der Dollar höher und nicht tiefer gehandelt werden. Denn die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen, auch Treasury Bonds genannt, ist zuletzt kräftig gestiegen und liegt bei ziemlich genau 3 Prozent. Das ist für europäische Verhältnisse eine ganze Menge. Zum Vergleich: Eine zehnjährige Anleihe der Schweizerischen Eidgenossenschaft wirft derzeit 0,2 Prozent ab. Investoren legen ihr Geld normalerweise dort an, wo höher Zinsen winken.

US-Wirtschaftspolitik baut auf Schulden auf

Und für gewöhnlich ziehen solche Unterschiede im Zinsgefüge im grossen Stil so genannte Carry-Trades nach. Dabei verschulden sich mächtige Marktakteure in tiefverzinsten Währungen wie dem Euro, Yen oder Franken und legen das Geld in hochverzinsten Währungen wie dem Dollar an.

Entwicklung des Dollar-Franken-Kurses (rot) im Vergleich mit dem Euro-Dollar-Kurs (grün) über 12 Monate (Quelle: www.cash.ch)

Doch die steigenden US-Zinsen sind diesmal eine Begleiterscheinung der Dollar-Schwäche. Die Situation ist einfach: Die von der US-Regierung beschlossene und mittlerweile verabschiedete Steuerreform ist zwar positiv für die dortige Wirtschaft. Wie die Steuerausfälle aufgefangen werden sollen, steht jedoch in den Sternen.

Kommt dazu, dass US-Präsident Donald Trump während des Wahlkampfes neben Steuererleichterungen auch ein Infrastrukturpaket versprochen hat. Auch ein solches Paket - die Rede ist von einem Umfang von 1 bis 1,9 Billionen Dollar - würde die Staatsverschuldung der USA noch einmal kräftig steigen lassen.

Namhafte Gläubiger werfen US-Staatsanleihen auf den Markt

Das wiederum ruft die grossen Gläubiger auf den Plan. Länder wie China oder Japan halten US-Staatsanleihen in dreistelliger Milliardenhöhe. Steigen aufgrund der höheren US-Staatsverschuldung die Zinsen, erleiden sie Kursverluste. Das hat jetzt schon Folgen: Wie zu hören ist, ist insbesondere China nicht mehr länger bereit, den neuen wirtschaftspolitischen Kurs der USA mitzutragen. Und das nicht nur, weil die US-Regierung den Chinesen mit immer neuen Einfuhrzöllen das Leben schwer macht.

Ziehen sich namhafte Gläubiger wie China und Japan aus US-Staatsanleihen und aus dem Dollar zurück, fällt die US-Währung. Das würde erklären, weshalb der Dollar trotz attraktiv hoher Zinsen seit Wochen zur Schwäche neigt. 

Ein anderer Grund für die Dollar-Schwäche ist die Haltung der Regierung Trump zur eigenen Währung. Trump und Co. wollen eine schwache Währung. So verbilligen sich die Exporte und machen US-Produkte auf den Weltmärkten konkurrenzfähiger.  "Ein schwacher Dollar ist gut für uns, denn er steht für Handel und Chancen", hatte US-Finanzminister Steven Mnuchin jüngst beim Weltwirtschaftsforum in Davos erklärt. Der Dollar verbilligte sich daraufhin schlagartig.

Ob und wann der Dollar-Franken-Kurs Boden finden wird, darüber lassen sich bloss Vermutungen anstellen. Letztmals notierte das Währungspaar im Frühsommer 2015 unter 0,92 Franken. Damals stiess der Dollar bei 0,9070 Franken wieder auf Kaufinteresse.

Der Franken bleibt ein Nebenschauplatz

Nur noch tiefer notierte der Dollar-Franken-Kurs kurz nach der überraschenden Aufgabe des SNB-Mindestkurses von Mitte Januar desselben Jahres. An diesem ziemlich turbulenten Tag wurden im frühen Handel Kurse von bis zu 0,83 Franken bezahlt.

Aus Sicht von Währungsstrategen ist der Franken bloss ein Nebenschauplatz. Den eigentlichen Takt gibt der Euro-Dollar-Kurs an. In den letzten Tagen fiel der Dollar gegenüber dem Euro auf den tiefsten Stand seit 2014. Der Greenback notiert um fast 20 Prozent tiefer als noch vor einem Jahr und steht zum Euro nun in etwa auf dem rechnerischen fairen Wert. Dieser wird von den Experten auf rund 1,25 Euro geschätzt.

Das heisst: Die europäische Einheitswährung könnte kurzfristig über den rechnerischen fairen Wert hinausschiessen und der Dollar auch gegenüber dem Franken noch einmal etwas schwächer werden.