Es beginnt sich die mehr als vier Jahrzehnte währende Verbindung zwischen zwei der grössten Konsumgüterunternehmen Europas zu lockern. Es stellt sich die Frage, ob das nur der Anfang ist. Nestlé, Hersteller von Nespresso und Purina-Tierfutter, wird nach dem Verkauf von 22,3 Millionen L’Oréal-Aktien für je 400 Euro nur noch 20,1 Prozent an dem französischen Hersteller von Shampoo und Lippenstift besitzen. Ende letzten Jahres waren es noch 23,3 Prozent.

Die beiden Unternehmen sind seit 1974 miteinander verbunden. Damals war die Beteiligung eine Massnahme, um L’Oréal vor einer möglichen Verstaatlichung durch den französischen Staat zu schützen. Spekulationen, dass Nestlé seinen Anteil reduzieren könnte, gibt es schon seit Jahren. CEO Mark Schneider krempelt seit seinem Amtsantritt den weltgrössten Lebensmittelkonzern um.

Nestlé-Aktien stiegen

Manche halten das für rundum sinnvoll: Der Schritt sei für beide Unternehmen gut, da er ein Engagement reduziert, welches mit etwa 16 Prozent des Börsenwertes von Nestlé “beunruhigend hoch” geworden war, so Martin Deboo, ein Analyst bei Jefferies. Und L’Oréal bleibe in der Familie.

"Ein weiterer Haken auf der Liste von Mark Schneiders scheinbar unaufhaltsamem Transformationsprogramm bei Nestlé", schrieb Deboo in einer Notiz. "Die Frage, die uns durch den Kopf geht, ist, ob dies ein Einzelfall ist oder der Beginn eines schrittweisen Ausstiegs, der in den kommenden Jahren passieren wird."

Nestlé-Aktien stiegen am Mittwoch um bis zu 2 Prozent auf ein Rekordhoch, seit Jahresbeginn stehen nun 19 Prozent Kursanstieg zu Buche. L’Oréal legte in Paris um bis zu 2,1 Prozent zu - das Plus seit Jahresbeginn beträgt mittlerweile 38 Prozent.

Nestlé hatte seine Beteiligung zuletzt 2014 reduziert, als es 8 Prozent an L’Oreal für 6 Milliarden Euro abgab. Für L’Oreal ist es die bisher grösste Transaktion. Die zurückgekauften Aktien sollen eingezogen werden.

Mark Schneider hat seit seinem Amtsantritt mutige Schritte unternommen

Schneider hat seit seinem Amtsantritt 2017 mutige Schritte unternommen und Sparten wie den US-Süsswarenbereich, Mineralwasser-Marken sowie das Hautpflegegeschäft verkauft. Stattdessen konzentriert er sich auf schneller wachsende Bereiche wie Kaffee, Heimtierbedarf und Nahrungsergänzungsmittel. Die Rechte zum Verkauf von Starbucks-Kaffeeprodukten in Supermärkten, Restaurants und Catering-Betrieben hat er sich 7,2 Milliarden Dollar kosten lassen. Zudem wird Nestlé wird nächsten Monat ein Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 20 Milliarden Dollar starten. 

"Nestlé nutzt alle Hebel, um Wert für seine Aktionäre zu schaffen", schreibt Vontobel-Analyst Jean-Philippe Bertschy in einer Notiz. "Die geplante Transaktion ist clever und ermöglicht es Nestlé, alle Möglichkeiten in Bezug auf Fusionen und Übernahmen und Auskehrungen an die Aktionäre zu nutzen."

(Bloomberg/cash)