Einerseits muss der Konzern in der Corona-Krise den fehlenden Absatz von einigen Millionen Fahrzeugen verschmerzen, da die Märkte vermutlich erst 2023 wieder das Vorkrisenniveau erreichen werden - Einnahmen, die für das ehrgeizige Investitionsprogramm in den nächsten Jahren eingeplant waren. Andererseits steht mit dem "Green Deal" der EU eine erneute Verschärfung der Klimavorgaben an und damit auch strengere CO2-Grenzwerte für die Branche.

Die Hälfte der neu zugelassenen Autos muss elektrisch angetrieben sein

Für Volkswagen bedeutet das, dass in zehn Jahren etwa die Hälfte der neu zugelassenen Autos elektrisch angetrieben sein muss. Der Konzern muss den Schwenk in die E-Mobilität also noch einmal beschleunigen und dafür mehr Geld bereitstellen.

Auch beim autonomen Fahren und bei der Softwarekompetenz wolle Volkswagen eine Schippe drauflegen, sagen Insider. Gespart werden solle an anderer Stelle. Über die Balance will der Aufsichtsrat an diesem Freitag beraten, wenn der Kurs für die Investitionen der kommenden fünf Jahre gesteckt wird. "Wir werden unsere Investitionspläne hinterfragen", sagte eine Person mit Kenntnis der Beratungen.

Dann dürfte auch klar werden, wie das Management das Kunststück schaffen will, bei knappen Einnahmen mehr auszugeben. Die Richtung hat Konzernchef Herbert Diess bereits angedeutet: "Wir können nicht mehr jede Nische besetzen", sagte er jüngst in einem Interview. Damit dürfte die Modellvielfalt zurückgefahren werden. Der Konzernchef kündigte auch "einige wichtige Entscheidungen" für die Standorte weltweit an. Von der Trennung von Randbereichen war nicht die Rede.

Weg von einer Sammlung von Marken

Diess hatte bei der Hauptversammlung Ende September bereits wichtige Weichenstellungen signalisiert. Volkswagen müsse sich "wandeln von einer Sammlung wertvoller Marken" vorwiegend mit Verbrennungsmotoren zu einem Digitalunternehmen, das Millionen vernetzter Elektrofahrzeuge zuverlässig betreibe. In einem Reuters-Interview betonte er, in Anbetracht der Umwälzungen müsse sich Volkswagen fragen, was die Transformation für die einzelnen Teile des Konzerns bedeute.

"Marken müssen sich an den neuen Anforderungen messen. An der Elektrifizierung, an den Reichweiten, an der Digitalisierung und Vernetzung des Fahrzeugs", erläuterte Diess ohne konkrete Namen zu nennen. Bei solchen Äusserungen schwingt mit, dass Töchter, die den Weg weg vom Verbrennungsmotor nicht schaffen, keine Zukunft im Konzern haben.

Verkauf von Randbereichen

Ein möglichter Verkauf von Randbereichen, über den schon länger diskutiert wird, dürfte bei der anstehenden Planungsrunde des Aufsichtsrats allenfalls am Rande eine Rolle spielen. Beschlüsse werden dazu nicht erwartet. Finanzchef Frank Witter hat bereits deutlich gemacht, dass in diesem Jahr mit keinen Neuigkeiten zu rechnen sei. Das Thema gilt wegen der Machtkonstellation im Wolfsburger Konzerns zudem als höchst sensibel.

Nicht nur der Betriebsrat muss ins Boot geholt werden, auch auf Seiten der Kapitalvertreter gibt es unterschiedliche Ansichten, von welchen Beteiligungen sich der Konzern trennen könnte und von welchen nicht. Volkswagen war bereits vor einiger Zeit mit dem Versuch gescheitert, sich von Ducati zu trennen. Der Betriebsrat und Teile der Eigentümerfamilien hatten sich dagegen gestreubt.

Im Kontrollgremium soll schon über die Zukunft der beiden Luxusmarken Bugatti und Lamborghini gesprochen worden sein. Während über einen Verkauf von Bugatti dem "Manager-Magazin" zufolge bereits verhandelt wurde, dürfte eine Abspaltung der mit der VW-Tochter Audi verbundenen italienischen Luxussportmarke schwieriger sein. Der Konzern will ausserdem jeden Eindruck vermeiden, er stehe bei einem möglichen Verkauf unter Zeitdruck.

Abspaltung der italienischen Luxussportmarken

Es kommt darauf an, den richtigen Moment zu erwischen. "Auch wenn kleine Marken wie Lamborghini und Bugatti nicht stark zu Buche schlagen, so wäre ein Verkauf oder eine Abspaltung doch ein Signal an die Börse", hebt Autoanalyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler hervor. "Das könnte der Marktkapitalisierung auf die Sprünge helfen und Volkswagen so neue Möglichkeiten eröffnen, sich Geld zu beschaffen."

Sein Kollege Arndt Ellinghorst von Bernstein Research meint, dass Volkswagen auch so in der Lage sei, die Investitionen zu schultern. "So lange China, Audi und Porsche laufen, kann der Konzern das sicher verkraften." Da variable und fixe Kosten in anderen Bereichen nur sehr langsam sänken, stelle sich jedoch die Frage, wie sich Ergebnis und Mittelzufluss (Cashflow) in den kommenden Jahren verbessern sollen. Ellinghorst spricht sich schon länger dafür aus, dass Volkswagen stärker auf die Kostenbremse tritt. Auf den Erlös aus einem möglichen Verkauf von Randbereichen sei der Konzern nicht angewiesen.

(Reuters)