Früher war der Beruf so beliebt, dass er über zwei Jahrzehnte eine ARD-Fernsehserie füllte - doch das ist lange her: "Auf Achse" sein wie Fernfahrer-Serienstar Franz bis Mitte der 1990er Jahre wird immer unbeliebter. Der Fahrermangel macht bei stetig wachsendem Güterverkehr den Speditionen immer mehr zu schaffen und liefert den Lkw-Herstellern Verkaufsargumente für automatisiertes Fahren. "Im Moment setzen unsere Unternehmen alles ein, was an Fahrern verfügbar ist bis hin zu Rentnern jenseits der 70", sagt Dirk Engelhardt, Hauptgeschäftsführer des deutschen Bundesverbandes Güterverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). Die Transportfirmen selbst, aber auch die Hersteller könnten mit besseren Bedingungen den Job attraktiver machen - mit höheren Löhnen, mehr Komfort im Fahrerhaus und einer besseren Technik.

Der Verband hat mit dem ETM-Verlag der Stuttgarter Prüforganisation Dekra im vergangenen Jahr rund 4500 Lkw-Fahrer befragt, wo der Schuh drückt. Schlechte Bezahlung war die am häufigsten genannte Kritik, wie Engelhardt erklärt. Grund dafür sei der Preiswettbewerb mit Anbietern aus Osteuropa. "Allerdings merken wir seit 2017 eine Wende - die Löhne von Lkw-Fahrern sind eklatant gestiegen, weil es keine mehr gibt." Sogar in Osteuropa seien die Fuhrunternehmen zu besserer Bezahlung gezwungen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi bestätigt, dass die Bezahlung gestiegen ist, doch die Bedingungen seien trotzdem nicht verlockend für Schulabgänger: "Eine zu geringe Bezahlung, eine zu geringe Tarifbindung von Firmen sowie zunehmender Zeitdruck sind die wesentlichen Ursachen für das geringe Interesse", erklärt Stefan Thyroke, Verdi-Bundesfachgruppenleiter Speditionen und Logistik.

Fast alle Befragten beklagten außerdem das geringe Ansehen von Berufskraftfahrern in der Öffentlichkeit, wie aus der Umfrage hervorging. Schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei einem Job, der tage- und wochenlange Abwesenheit bedingt, und die dürftige Infrastruktur auf den Parkplätzen, die notgedrungen zur zweiten Heimat werden, waren weitere Punkte. Um den Truckern mehr Komfort in der Kanzel zu ermöglichen, setzt sich der BGL in der Europäischen Union dafür ein, dass die vorgeschriebenen Maße und Gewichte für die Zugfahrzeuge geändert werden, wie Engelhardt erklärt. In einer länger gestreckten Kabine, so wie sie bei Lastwagen in den USA üblich ist, ließen sich neben einem Bett auch sanitäre Einrichtungen unterbringen. Nicht mehr nachts über einen Fernfahrerparkplatz zur Toilette gehen zu müssen, wäre insbesondere für Frauen wichtig. "Heute sind nur zwei Prozent der Lkw-Fahrer Frauen", sagt Engelhardt.

Pläne schrecken Nachwuchs ab

Die Pläne der Lkw-Hersteller für autonomes Fahren und die Vision, damit ließen sich Fahrer überflüssig machen, schrecke ebenfalls den Nachwuchs ab, glaubt der BGL-Chef. Über 60 Prozent der Fahrer hätten diese Vermutung geäußert. Bei dem Thema würden die Einsparmöglichkeiten bei den Betriebskosten in den Vordergrund gestellt. Schließlich entfällt auf Personal etwa ein Drittel der Gesamtkosten eines Lkw. "Das war ein Fehler, die Hersteller haben es mittlerweile verstanden", sagt Engelhardt. So warnte Erik Ljungberg, bei der VW-Tochter Scania für hochrangige Politikkontakte zuständig, im Juli auf einer Veranstaltung des Verbandes der Automobilindustrie (VDA): "Je mehr wir über autonomes Fahren sprechen, umso weniger Leute suchen einen Job als Fahrer."

Inzwischen preist die Industrie das computergesteuerte Fahren ohne Lenkrad und Pedale sogar als Lösung für den Fahrermangel an. In zehn bis fünfzehn Jahren etwa könnten monotone Autobahnstrecken mit weniger Personal bewältigt werden. Fahrerlose Lkw könnten Knotenpunkte an den Autobahnen ansteuern, wo die Fracht umgeladen und verteilt würde. Der Job des Fahrers soll sich dann mit mehr Kontroll- und Koordinationsaufgaben verändern, er würde zum Transportmanager. "Wir werden den Beruf attraktiver machen können und gleichzeitig Unfälle vermeiden", sagte Andreas Renschler, Chef der VW-Nutzfahrzeugtochter Traton, auf der VDA-Konferenz.

"Um dem Fahrermangel zu begegnen, haben wir uns Gedanken gemacht, wie wir den Arbeitsplatz attraktiver machen", erklärt Stefan Buchner, Mercedes-Lkw-Chef. Der neue Schwerlaster Actros von Daimler ist mit etlichen teilautomatisierten Funktionen ausgestattet, die beim Bremsen oder Kolonne-Fahren helfen. "Das ermöglicht dem Fahrer, entspannter, aber auch deutlich sicherer zu fahren." Der schwedische Konkurrent Volvo gab auf der Messe IAA Nutz einen Vorgeschmack auf die ferne Zukunft: Der elektrische Schwerlaster Vera, der als Studie vorgestellt wurde, kommt ganz ohne Fahrerkabine aus.

(Reuters)