Zwar sind die meisten Pharmakonzerne gegen Transportschäden versichert. Doch angesichts der Herausforderung, Millionen von Corona-Impfstoffen auszuliefern, dürfte die Nachfrage nach Transport-Versicherungsschutz steigen - und damit auch die Prämien, wie Branchenexperten erwarten.

Zumal, solange die Vakzine so knapp sind wie jetzt. Besonders heikel ist der Transport des ersten in Deutschland zugelassenen Covid-19-Impfstoffs von Pfizer und BioNTech, der Temperaturen von minus 70 Grad Celsius erfordert.

"Impfstoffhersteller, die keine langfristigen Verträge (mit den Versicherern) haben, müssen mit Prämiensteigerungen um bis zu 20 Prozent rechnen", sagt Reiner Heiken, Chef des Osnabrücker Logistikkonzerns Hellmann Worldwide Logistics.

Um die Kosten nicht zu sehr steigen zu lassen, könnten grosse Hersteller einen grösseren Teil des Risikos selbst tragen, heisst es in Kreisen der Assekuranz. Die Summen, die bei Corona-Impfstoff-Lieferungen auf dem Spiel stehen, sind beachtlich. Eine Sendung enthält oft Zehntausende von Impfdosen, die 15 bis 50 Millionen Dollar wert sind, wie Brancheninsider vorrechnen.

Interpol warnt vor Cyber-Angriffe 

Cyber-Angriffe sind über Transportversicherungen nicht abgedeckt. Dagegen müssen sich die Hersteller eigens absichern. Interpol warnt bereits weltweit davor, dass Impfstoffe zum Ziel organisierter Kriminalität werden könnten. Mel Buitendag vom Versicherungsbroker Gallagher hält daher eine lückenlose technische Überwachung der Lieferungen für nötig - oder sogar bewaffneten Begleitschutz.

Bisher werden die Corona-Impfstoffe in der Regel mit dem Flugzeug befördert, doch die dänische Grossreederei AP Moeller-Maersk bereitet sich darauf vor, den Transport in speziellen Kühlcontainern zu übernehmen. Eine Vereinbarung mit dem US-Vakzinhersteller Covaxx gibt es schon.

"Für Übersee-Transporte peilen wir das Ende des zweiten oder den Anfang des dritten Quartals an", sagt Hristo Petkov, der bei Maersk auf Kunden aus der Pharmaindustrie spezialisiert ist. "Das grösste Risiko bei temperaturabhängiger Fracht - ob in der Luft oder auf See - ist am Übergabepunkt zur letzten Meile" - etwa wenn die Kühlung an eine andere Stromversorgung angeschlossen werden muss oder die Zollformalitäten länger dauern, sagt Covaxx-Chefin Mei Mei Hu.

Falsche Lagerung kostet Milliarden

Wegen Transport-Mängeln sind ein Viertel aller Impfstoffe nach Angaben der International Air Transport Accociation schon zerstört, wenn sie beim Nutzer ankommen. Gleich am ersten Tag der Auslieferungen in Deutschland wurden fast tausend Dosen in Franken nicht verimpft, weil die Behälter beim Transport zu den lokalen Impfzentren wärmer als die vorgeschriebenen acht Grad wurden.

Gerade weil der Impfstoff von BioNTech und Pfizer extra tiefgekühlt werden muss, während das Vakzin von Moderna bis zu einen Monat in normalen Kühlschränken aushält, könnte es zu Pannen kommen, fürchten Branchenexperten. Nach Schätzungen kostet die falsche Lagerung von Arzneimitteln die Branche 35 Milliarden Dollar pro Jahr - mit Corona-Impfstoffen könnte diese Zahl noch steigen.

Firmen wie SAP haben das Geschäft mit dem Tracking der Impfstoff-Lieferungen entdeckt. Der US-Impfstoff-Hersteller Moderna baut bei der Zusammenarbeit mit Vertragsherstellern und Grosshändlern und zum Schutz von Fälschungen auf Technik von SAP.

Tracking-Geschäft wächst

Die kalifornische Cloudleaf, hinter der der Start-up-Investor Intel Capital steht, bietet Sensoren an, die jeden einzelnen Container orten und Temperatur, Feuchtigkeit, Schwingungen und Bewegungen messen.

In der Cloud prüft ein Algorithmus anhand der Daten, ob Eingriffe nötig sind, um zu verhindern, dass der Container-Inhalt zu warm wird. Die Orders hätten sich im vergangenen Jahr versechsfacht, sagt Cloudleaf-Chef Mahesh Veerina.

Das israelische Start-up Varcode stellt intelligente Aufkleber her, die Temperatur und Zeit messen und auswerten und mit Blockchain-Technologie sowohl Diebstahl als auch Fälschungen erschweren sollen. Die Pandemie sei "gut für unser Geschäft gewesen", sagt Varcode-Chef Joe Battoe. 

(Reuters)