Die UBS ist sich sicher: Das Jahr 2021 dürfte das Jahr der Erholung werden. Die Grossbank rechnet in der Schweiz mit einem Wirtschaftswachstum von 3,3 Prozent. Voraussetzung: Der vom Bundesrat angestrebte Impfplan wird realisiert und die Mehrheit der impfwilligen Bevölkerung kann bis Ende September gegen das Coronavirus geimpft werden. "Verspätet sich die Impfkampagne oder erfordern neue Virusmutationen eine Veränderung am Impfstoff, dürfte sich die Erholung der Wirtschaft ins Jahr 2022 verschieben", schreibt die UBS in einer Analyse vom Montag.

Obschon der Ausblick für die Schweizer Gesamtwirtschaft positiv ausfällt, ist der Ausblick für die einzelnen Branchen mit teils grossen Unsicherheiten behaftet. Das Ausmass der Erholung dürfte je nach Branche stark variieren. Die Analysten der UBS fassen die einzelnen Branchen und ihre Chancen auf Erholung in folgende vier Gruppen zusammen.

1. Tourismus & Freizeit: Ungewisse Aussichten

Laut UBS dürften tourismus- und freizeitbezogene Dienstleistungen von einer Öffnung der Wirtschaft zwar profitieren – schliesslich waren und sind Unternehmen dieser Branchen besonders hart von der Pandemie betroffen. "Ob dieses Aufholpotenzial genutzt und eine schnelle Rückkehr zu Vor-Corona-Niveaus bringen wird, bezweifeln wir stark", werfen die UBS-Analysten allerdings ein. Einige Unternehmen dürften die zweite Corona-Welle nicht überstehen.

Zusätzlich sei unklar, ob das Konsumverhalten nach der Krise eine schnelle Normalisierung ermögliche. Es sei beispielsweise "sehr ungewiss, ob in der nahen Zukunft geschäftlich wieder ähnlich stark gereist wird wie vor der Krise".  Zudem werde vor allem der Städtetourismus keine rasche Erholung erleben. Und es bleibe fraglich, "ob Grossevents wie Festivals oder Sportveranstaltungen trotz Impfung uneingeschränkt stattfinden werden können".

Die Analysten gehen davon aus, dass die Wertschöpfung in den Sektoren Tourismus und Freizeit auch 2021 deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau bleiben wird. Da diese Sektoren allerdings nur knapp zwei Prozent zum Schweizer Bruttoinlandsprodukt (BIP) beitragen, dürfte ihre Entwicklung für das BIP- Wachstum 2021 nicht entscheidend sein.

2. Branchen, die 2021 Verluste wettmachen: Gesundheit, Baugewerbe, Sozialwesen

Weitaus positiver gestimmt ist die UBS für Sektoren, die das Gesundheits-, das Sozialwesen, das Baugewerbe sowie unternehmensnahe Dienstleistungen betreffen. Die Wirtschaftsleistungen dieser Branchen sind im zweiten Quartal 2020 allesamt um 10 eingebrochen.

Graphik: UBS.

Doch im Gegensatz zum Tourismus sieht die UBS hier Chancen für eine starke Erholung. "Unternehmen dieser Branchen haben sich stark von der ersten Welle erholt und zeigen sich in der zweiten Welle weitaus robuster", schreiben die Analysten. So sei die Wertschöpfung hier im vierten Quartal bereits wieder über dem Vor-Corona-Niveau oder nur knapp darunter.

Angesichts der bevorstehenden Wirtschaftsöffnung sei zu erwarten, dass diese Branchen den bereits in diesem Jahr einen grossen Teil ihrer Corona-bedingten Verluste wettmachen werden, so die UBS. Für das Gesundheitswesen sind die Analysten besonders optimistisch. "Hier ist denkbar, dass die Erholung stärker ausfällt, da die Pandemie die Wichtigkeit der Gesundheitsbranche unterstrich, was zukünftige Investitionen – wie beispielsweise in die Digitalisierung – fördern dürfte."

3. Krisenfeste Branchen: Banken und Versicherungen, IT und Kommunikation

Sektoren wie Banken und Versicherungen, IT und Kommunikation, aber auch die öffentliche Verwaltung zeichnen sich laut UBS durch besondere Krisenfestigkeit aus. Grund: "Die hierzugehörenden Unternehmen sind nur am Rande von den Massnahmen zur Pandemiebekämpfung tangiert." Ausserdem böten sie Dienstleistungen an, die nur wenig konjunktursensitiv sind. Entsprechend gering falle damit auch ihr Aufholpotenzial aus, schreiben die Analysten.

Noch mehr: Die öffentliche Verwaltung sowie IT und Kommunikation dürften laut UBS im Krisenjahr 2020 gar einen Wertschöpfungszuwachs verzeichnet haben und hätten deshalb 2021 kaum Erholungspotential.

4. Industrie: Erholung trotz zweiter Welle

Die erste Pandemiewelle hat zu einem Nachfragerückgang und einem Unterbruch vieler internationaler Lieferketten geführt, was der hiesigen Industrie in der ersten Jahreshälfte 2020 stark zugesetzt hat. Dank der Lockerungen der Massnahmen zur Pandemiebekämpfung hat sich die Industrie im dritten Quartal 2020 aber deutlich erholen können. Und: Trotz zweiter Welle kam die Erholung im Schlussquartal nicht zum Erliegen.

Die fortgesetzte Erholung ist laut UBS einerseits auf die im Gegensatz zur ersten Welle intakten Lieferketten zurückzuführen, andererseits auf die wesentlich optimistischere Stimmung bei den Unternehmen und Konsumenten. Zudem blieb mit Asien ein wichtiger Absatzmarkt von der zweiten Welle verschont. "Mit der Lockerung der Massnahmen dürfte die Erholung der hiesigen Industrie weiter an Fahrt gewinnen", glauben die Analysten. Zudem sei der Euro-Franken-Wechselkurs zuletzt auf ein Niveau von über 1,10 angestiegen, was hiesigen Exportunternehmen weiter Aufwind verleihen dürfte.

Sonderfall: Was ist mit Chemie und Pharma?

Ein Sonderfall innerhalb der Industrie stellt für die UBS-Analysten die Chemie- und Pharmabranche dar. Hier konnte in der ersten Jahreshälfte 2020 eine Zunahme der Wortschöpfung verzeichnet werden, bevor diese in der zweiten Jahreshälfte wiederum leicht rückläufig ausfiel. Die UBS sieht für die hiesige Chemie- und Pharmabranche 2021 eine grosse Unbekannte: "Zwar dürfte aufgrund der Erholung des Gesundheitswesens […] auch die Pharmabranche profitieren, jedoch ist es fraglich, ob die Dynamik der vergangenen Jahre erreicht werden kann."

Die Entwicklung dieses Sektors ist für die Schweizer Gesamtwirtschaft entscheidend. Findet die Branche in diesem Jahr auf den Vor- Corona-Wachstumspfad zurück, dürfte das Schweizer BIP 2021 weitaus stärker wachsen, glauben die Analysten der UBS. Nämlich anstatt 3,3 um bis zu 4 Prozent.