Teil des zweiten Paket innerhalb eines Monats sind eine Zahlung von 300 Euro für alle Beschäftigten sowie eine Senkung der Spritpreise für drei Monate um bis zu 30 Cent, wie SPD, Grüne und FDP am Donnerstag nach elfstündigen Beratungen ankündigten. Ebenfalls für drei Monate soll es ein Nahverkehr-Ticket zum Sonderpreis geben. Dazu kommen ein einmaliger Bonus von jeweils 100 Euro zum Kindergeld und für Sozialhilfe-Empfänger. "Diese Regierung handelt in schwierigen Zeiten", sagte SPD-Chef Lars Klingbeil. Es gehe um den sozialen Zusammenhalt. FDP-Chef Christian Lindner deutete an, dass Paket könnte wie das erste um die 16 Milliarden Euro kosten. Kritik kam aus der Wirtschaft: Die Unternehmen profitierten kaum von dem Paket.

Die Unternehmen profitierten kaum von dem Paket

Bereits vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine hatten sich die Preise für Kohle, Öl und vor allem Gas deutlich erhöht. Deutschland ist besonders abhängig von diesen russischen Lieferungen und lehnt ein Energie-Embargo daher ab. Um den Gasverbrauch zu reduzieren, will die Regierung zunächst die geplante Abschaltung von Kohlemeilern verzögern. Sie wolle aber so schnell wie möglich die Abhängigkeit von Russland insgesamt beenden, auf klimafreundliche Energieträger umstellen und die Versorgung sichern, heißt es im sechsseitigen Papier zum Paket. "Jede eingesparte Kilowattstunde heute sichert unsere Versorgung morgen."

Daher soll beispielsweise der Austausch alter Heizungen beschleunigt und bereits 2024 nur noch solche eingebaut werden, die zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien laufen. Bisher war dies erst ein Jahr später geplant. Zudem soll nun das sogenannte Effizienzhaus 55 ab 2023 als Standard vorgegeben werden, was aber auch Förderung ausschließt.

Streitpunkt Sprit-Preis-Bremse

Besonders umstritten waren die Entlastungen beim Spritpreis. Finanzminister Lindner hatte sie frühzeitig ins Gespräch gebracht und ein Gutschein-System vorgeschlagen. Jetzt soll sie auf drei Monate befristet über die Absenkung der Mineralölsteuer auf europäisches Mindestmaß umgesetzt werden. Benzin dürfte so um 30 Cent und Diesel um 14 Cent pro Liter billiger werden. Ergänzend soll auch auf Druck der Grünen ein Nahverkehrsticket zum Monatspreis von neun Euro kommen, das für 90 Tage angeboten wird.

Bereits im ersten Entlastungspaket von Ende Februar hatte die Regierung steuerliche Erleichterungen etwa über die Pendlerpauschale angekündigt. Vor allem soll ab Juli die Abgabe auf den Strompreis zur Förderung Erneuerbarer Energien wegfallen. Das könnte den Tarif im Vergleich zu 2021 um ein Fünftel verbilligen. Dies hatten auch Wirtschaft und Gewerbe gelobt.

Tropfen auf heissem Stein

Dagegen zeigten sich die Verbände über das neue Paket enttäusch. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), Peter Adrian, erklärte: "Die Beschlüsse der Regierungskoalition können die großen Sorgen in der Wirtschaft nicht wirklich verringern." Die Senkung der Energiesteuer für drei Monate sei aus Sicht vieler Betriebe nur ein Tropfen auf den heißen Stein – und könne der besonders stark betroffenen Industrie ohnehin nicht helfen.

Die historisch hohen Strom- und Energiepreise bedrohten viele deutsche Unternehmen in ihrer Existenz. Ähnlich äußerte sich das Handwerk: "Um die Lasten aus dieser Preisexplosion abzufedern und Härten auszugleichen, reicht die temporäre Entlastung bei Spritkosten nicht aus", sagte Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer. "Zusätzlich sollten auch die Verbrauchssteuern bei Strom und Gas auf die europäisch zulässigen Mindestsätze gesenkt und die CO2-Abgabe befristet ausgesetzt werden."

Lindner kündigte aber mit Blick auf den nötigen Ergänzungshaushalt an, darin würden auch Unternehmenshilfen berücksichtigt. Die Höhe stehe noch nicht fest. Der Ergänzungshaushalt soll die Sonderlasten im Zuge des Krieges in der Ukraine abbilden.

(Reuters)