Im Telekommunikationsmarkt Schweiz wird eine Grossfusion immer wahrscheinlicher: In einer Medienmitteilung bestätigt der Mobilfunkanbieter Sunrise Communications "fortgeschrittene Gespräche" für eine Übernahme von UPC Schweiz. Erstmals wird nun auch eine Zahl genannt. Verhandelt wird auf Basis eines Unternehmenswerts von 6,3 Milliarden Franken für UPC Schweiz.

Noch ist zwar unklar, ob die beiden Parteien sich über die Modalitäten einig werden. Und wie Sunrise Communications die Übernahme finanzieren will, steht auch noch nicht fest. Auch das dürfte Händlern zufolge darüber entscheiden, wie die Börse letztendlich auf die sich abzeichnende Grossfusion reagieren wird.

Es winkt ein riesiges Synergiepotenzial

Wie Vontobel schreibt, nähern sich Sunrise und die UPC-Mutter Liberty Global mit der Einigung auf eine Bewertung von UPC Schweiz der Ziellinie. Da die Zürcher Bank ursprünglich von 8 bis 9 Milliarden Franken ausging, erachtet sie die Preisvorstellungen von Liberty Global als attraktiv für Sunrise. Eine bankeigene Szenarioanalyse zeige, dass die Übernahme in fast allen Fällen für die Sunrise-Aktionäre deutlich wertsteigernd wäre, während eine vorsichtige Kapitalstruktur und eine fortschrittliche Dividendenpolitik beibehalten würden, so heisst es weiter. Vontobel stuft die Sunrise-Aktie mit "Buy" und einem Kursziel von 99 Franken ein.

Kepler Cheuvreux zufolge ist das Risiko einer vorübergehend weniger grosszügigen Dividendenpolitik noch nicht vom Tisch. Dabei wird auf die noch unklare Strukturierung der Übernahme von UPC Schweiz angespielt. Unter der Annahme, dass die Übernahme je zur Hälfte mit Fremdkapital und der Ausgabe neuer Aktien finanziert würde, errechnet Kepler Cheuvreux eine Aktionärswertgenerierung von 22 Franken je Sunrise-Aktie. Letztere wird deshalb weiterhin mit einem Kursziel von 100 Franken zum Kauf empfohlen.

Swisscom hat einiges zu verlieren

Angesichts des riesigen Synergiepotenzials von mindestens 1,5 Milliarden Franken zwischen den beiden Unternehmen bezeichnen neben Vontobel und Kepler Cheuvreux auch andere Banken die genannten 6,3 Milliarden Franken als vernünftig. Einzig bei Julius Bär gibt man sich zurückhaltender. Die Zürcher Bank bezeichnet den Betrag von 6,3 Milliarden Franken als eher hoch und verweist darauf, dass weder das Synergiepotenzial noch die Finanzierung der Transaktion bekannt sei.

Der einen Aktionäre Freud' ist bekanntlich der anderen Aktionäre Leid. Letzteres gilt im vorliegenden Fall für jene der Marktführerin Swisscom. Denn diese hätte bei einer Übernahme von UPC Schweiz durch Sunrise Communications einiges zu verlieren.

Wie Goldman Sachs schreibt, könnte Swisscom einerseits Umsätze von Mobilfunkdiscountern als auch Marktanteile im Festnetzgeschäft an den neu entstehenden Rivalen verlieren. Gemäss bankeigenen Berechnungen könnten bei der Marktführerin gut 2 Prozent des operativen Gewinns (EBITDA) wegbrechen. Doch auch aufgrund der aggressiven Preispolitik von Salt im Festnetzgeschäft rechnet die US-Investmentbank bei Swisscom über die nächsten Jahre mit einer rückläufigen Umsatz- und Gewinnentwicklung.

Allerdings reagiert die Börse anders, als zu erwarten wäre. Während die Sunrise-Aktie zur Stunde noch mit einem Minus von 0,5 Prozent auf 81 Franken abgestraft wird, gewinnt jene von Swisscom gar 0,6 Prozent auf 465,80 Franken. Beobachter erklären sich diese doch sehr überraschende Reaktion mit der in den letzten Wochen aufgebauschten Erwartungshaltung. Die Landesbank Baden-Württemberg streicht die Swisscom-Aktie vorsorglich schon mal von der Favoriten-Liste.