Die Entscheidungsträger der Europäischen Zentralbank (EZB) bringen ihre Kollegen bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) immer mehr in Verlegenheit. Mittlerweile meldet sich Notenbankchef Mario Draghi beinahe täglich mit verbalen Interventionen, um den Euro zu schwächen.

Und das mit sichtlichem Erfolg: Sogar zum Franken ist die europäische Einheitswährung in den letzten Tagen in die Nähe des von der SNB im September vor drei Jahren eingeführten Mindestkurses gefallen.

Alleine seit Anfang Mai hat der Euro gegenüber dem Dollar gut 11 Prozent eingebüsst. Bei uns in der Schweiz entlud sich dieser Rückschlag in einem seither um gut 10 Prozent stärkeren Greenback.

Darf man den Währungsstrategen von Morgan Stanley Glauben schenken, dann ist das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. Die amerikanische Investmentbank sieht den Euro bis Ende nächsten Jahres auf 1,14 Dollar fallen. Im Windschatten davon sagt sie dem Greenback einen Anstieg auf 1,17 Franken vorher, was aus heutiger Sicht einem Anstieg um mehr als 20 Prozent entsprechen würde.

Zins- und Geldpolitik sprechen klar gegen Euro und Franken

Den Experten zufolge hat die EZB ihre Rhetorik zuletzt verschärft, was dem Euro zusetzt. Gleichzeitig habe sich der wirtschaftliche Ausblick weiter eingetrübt. Notenbankchef Mario Draghi habe deshalb durchblicken lassen, dass weitere Gegenmassnahmen zu erwarten seien.

Die Wirtschaftsentwicklung der verschiedenen Weltregionen habe sich sowieso längst voneinander abgekoppelt. Während Europa, Japan und die Schwellenländer mit einer Wachstumsverlangsamung zu kämpfen habe, bleibe die Entwicklung in den USA weiterhin stark. Diese Abkoppelung habe grundlegende Verschiebungen im Währungsgefüge zur Folge, so die Experten.

Lange Rede kurzer Sinn: Damit die verschiedenen Weltregionen ihr Gleichgewicht finden, müsse der Dollar noch einmal kräftig steigen.

Die Experten erwarten nicht zuletzt auch aufgrund der von der Europäischen Zentralbank (EZB) verfolgten Zins- und Geldpolitik einen zum Euro genauso wie zum Franken festeren Greenback. Trotz rückläufiger Einheitswährung bleibe der Preisdruck bisher bestehen. Die EZB mache deshalb kein Geheimnis daraus, dass sie mit ihrer Zins- und Geldpolitik auf einen schwächeren Euro ziele.

Charttechnische Entscheidung eine Frage von wenigen Wochen

Auch charttechnisch betrachtet spricht einiges für einen gegenüber dem Euro noch einmal deutlich festeren Dollar. So wähnen die Charttechnikexperten von Julius Bär den Dollar-Index kurz vor dem Ausbruch aus seinem seit Mitte der Achtzigerjahre entstandenen Abwärtstrend. Mit einem solchen Ausbruch werde die Basis für eine längerfristige Erholung geschaffen, so schreiben sie.

Die Ausgangslage des Greenbacks zum Franken ähnle jener des Dollar-Index, sei insgesamt sogar noch etwas stärker als bei letzterem.

Bleibt auch aus Schweizer Sicht abzuwarten, ob dem Dollar dieser Ausbruch über die kommenden Tagen oder Wochen auch wirklich gelingt. Die Vorzeichen stehen zumindest gut.