US-Präsident Joe Biden kündigte am Dienstag an, er werde seine endgültige Wahl in etwa vier Tagen treffen. Powell wird also bald wissen, ob er im Amt bleibt oder womöglich durch die langjährige Fed-Direktorin Lael Brainard ersetzt wird. Beide waren bereits zu Vorgesprächen im Weissen Haus. Viele Ökonomen erwarten, dass Biden Powell im Amt halten und sich damit für Kontinuität entscheiden wird.

Dass der Präsident trotz der schon im Februar ablaufenden Amtszeit des Fed-Chefs die Entscheidung hinauszögert, liegt auch daran, dass der Republikaner Powell in der Demokratischen Partei nicht unumstritten ist. Das muss der Chef im Weissen Haus auch mit Blick auf die hauchdünne Mehrheit im Senat beachten, der die Spitzenpersonalie abnicken muss.

Entscheidung liegt beim Senat

Fed-Beobachter Bernd Weidensteiner verweist darauf, dass der linke Flügel der Demokratischen Partei Brainard bevorzugt. "Bei der nötigen Bestätigung durch den Senat könnte Powell auch auf Stimmen der Republikaner zählen, während Brainard wohl nur auf die demokratischen Senatoren bauen kann", erklärt der Commerzbank-Experte. Zunächst müsste aber ein Senatsausschuss die Eignung der künftigen Fed-Spitzenkraft prüfen, bevor eine Abstimmung im Plenum der Parlamentskammer folgen kann.

Der demokratische Vorsitzende im Bankenausschuss des Senats, Sherrod Brown, ist sich Medienberichten zufolge sicher, dass die Parlamentskammer im Falle einer Nominierung von Powell oder Brainard grünes Licht geben würde. Browns Parteifreund Jon Tester hat sich offen für eine zweite Amtszeit Powells ausgesprochen. Doch für die demokratische Senatorin Elizabeth Warren aus Massachusetts ist der Fed-Chef ein rotes Tuch: Sie warf ihm vor, die Regulierung des Finanzsektors zurückgedreht zu haben, was ihn zu einem "gefährlichen Mann" mache.

Powell steht für Kontinuität

Powell, der mit dem Kongress so enge Beziehungen pflegt wie keiner seiner Vorgänger, dürfte vor allem bei den Republikanern auf ungeteilte Zustimmung stossen. Auch bei den Buchmachern im Internet werden ihm wesentlich bessere Karten im Poker um den Spitzenjob zugesprochen. Dies auch, weil ein Wechsel an der Spitze der Notenbank nach der nun gerade erst von Powell eingeleiteten schrittweisen Abkehr vom Krisenmodus an den Märkten für Unruhe sorgen könnte: "Wenn Powell durch jemand anderen ersetzt werden sollte, gilt es zu bedenken, dass der Mangel an Kontinuität Sorgen am Markt auslösen würde", meint Jack Janasiewicz vom Vermögensverwalter Natixis Investment Managers Solutions.

Brainard wohl für striktere Regulierung

Sollte Brainard zum Zuge kommen, müsste sich die Wall Street wohl auf eine striktere Regulierung einstellen. Die in Hamburg geborene 59-jährige Ökonomin hat sich in den vergangenen Jahren gegen viele von Fed-Vizepräsident Randal Quarles eingeführte Schritte der Deregulierung ausgesprochen - insbesondere bei der Lockerung bestimmter Kapitalregeln. Quarles räumt Ende Dezember seinen Platz im Fed-Board. Bereits im Oktober war sein Mandat als Vizepräsident der Notenbank mit dem Zuständigkeitsfeld Bankenaufsicht abgelaufen.

Biden kann Fed Stempel aufdrücken

Damit bietet sich für Biden die Gelegenheit zu einem grossen Revirement: Mit der Neubesetzung des Postens von Quarles könnte er der Führungsetage seinen Stempel aufdrücken, zumal auch die Amtszeit von Fed-Vize Richard Clarida Ende Januar ausläuft und ein weiterer Direktorenposten ohnehin vakant ist. Im Direktorium ist Brainard derzeit die Einzige, die nicht von Bidens Vorgänger Donald Trump ins Amt gehievt wurde. Der hatte Powell im Februar 2018 zum Spitzenposten bei der Fed verholfen und Amtsinhaberin Janet Yellen ausgebootet. Diese wechselte später unter Biden auf den Top-Posten im Finanzministerium. Die spannende Frage ist nun, ob Biden die ungewöhnliche Praxis Trumps wiederholt, einem Notenbankchef eine zweite Amtszeit zu verwehren.

(Reuters)