Mehrere mit den Plänen vertraute Personen sagten der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag, China werde deutlich mehr in den USA einkaufen, um den riesigen Handelsüberschuss zu verringern. Doch Experten sind skeptisch, ob die bislang kolportierten Zahlen auch umgesetzt werden können. US-Präsident Donald Trump will den ersten Teil der Handelseinigung am Mittwoch in einer feierlichen Zeremonie zusammen mit dem chinesischen Vize-Ministerpräsidenten Liu He im Weissen Haus unterschreiben.
Ein Insider sagte, die Volksrepublik habe zugesagt, binnen zwei Jahren zusätzliche Industriegüter aus den USA im Volumen von fast 80 Milliarden Dollar abzunehmen. Hinzu kämen im selben Zeitraum zusätzliche Energielieferungen im Wert von mehr als 50 Milliarden Dollar und US-Dienstleistungen von etwa 35 Milliarden Dollar. Ausserdem sei vorgesehen, das China den Kauf von US-Agrargütern innerhalb von zwei Jahren um etwa 32 Milliarden Dollar steigere.
Ein Sprecher des US-Handelsministeriums war zunächst nicht erreichbar. Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer sprach zuletzt aber von einem "riesigen Schritt nach vorne". Als die Grundsatzeinigung für den ersten Teil des Deals Mitte Dezember bekanntgegeben wurde, kalkulierten US-Regierungsvertreter mit zusätzlichen Käufen aus China im Volumen von 200 Milliarden Dollar - gegenüber dem Jahr 2017 und für einen Zeitraum von zwei Jahren.
Boeing der grosse Gewinner?
Einer der Insider sagte Reuters, bei den vorgesehenen Käufen im Industriebereich handle es sich insbesondere um Autos, Autoteile, Flugzeuge, Landwirtschaftsmaschinen, medizinische Geräte und Halbleiter. "Die chinesische Regierung kann solche Versprechungen nur erfüllen, wenn sie selber massgeblich Käufe im Ausland beeinflussen kann", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Beim Import von Flugzeugen kann ich mir das vorstellen, weil die Fluggesellschaften dem Staat gehören. Insofern könnte das zulasten von Airbus gehen, wobei sich das wegen des hohen Auftragsbestands erst in einigen Jahren negativ auf die Produktion auswirken würde." Für Boeing wäre es eine willkommene Hilfe. Der US-Flugzeugbauer steht wegen der Probleme bei der 737-MAX-Serie massiv unter Druck.
Krämer ergänzte, die Autonachfrage werde dagegen nicht vom Staat gesteuert, sondern von den chinesischen Kunden. "Und deren Appetit für deutsche Autos ist nach wie vor hoch." Ausserdem produzierten Daimler & Co viele Modelle direkt in der Volksrepublik. "Die deutsche Autoindustrie sollte unter dem US-chinesischen Handelsdeal nicht leiden."
Grundsätzlich könnte Europa dieses Jahr wieder stärker ins Visier von Trump geraten. Europa müsse auch ein Handelsabkommen mit den USA anstreben, forderte der CDU-Wirtschaftsexperte Friedrich Merz. Martin Braml vom Münchner Forschungsinstitut Ifo ergänzte, Trump sei grundsätzlich bereit, Verträge auch abzuschliessen. Das zeigten die Beispiele Kanada und Mexiko sowie Südkorea und jetzt China. Diese Chance müsse Europa ergreifen.
Der Handelsstreit mit China dauert bereits eineinhalb Jahre und hat die Weltwirtschaft und vor allem exportorientierte Staaten wie Deutschland deutlich gebremst. Die USA haben ihrerseits unter anderem zugesagt, einige ihrer angehobenen Zölle auf chinesische Waren zu reduzieren. Ausserdem stufen sie China nicht mehr als Währungsmanipulator ein, wie das US-Finanzministerium am Montag mitteilte. Viele offene Punkte werden aber wohl erst in der zweiten Verhandlungsphase für ein Handelsabkommen versucht zu lösen, etwa der Umgang mit dem Diebstahl geistigen Eigentums.
(Reuters)