“Antäuschungen” und “Wertfallen” - mit diesen Begriffen warnen zwei Vermögensverwalter Anleger, die nach den jüngsten positiven Impfstoffnachrichten von Biontech/Pfizer und Moderna in Substanzwerte umschichten.

Ein wirksamer Impfstoff gegen Covid-19 könnte die Weltwirtschaft wiederbeleben, Sektoren helfen, die von der Pandemie heimgesucht wurden, und billige Aktien anschieben. Anleger sollten jedoch vorsichtig sein, da diese Bewegungen nach den Handelsaktivitäten dieses Monats überzogen seien und zu „Wertfallen“ führen können, sagt Matt Orton, Vice President bei dem Vermögensverwalter Carillon Tower Advisers in St. Petersburg, Florida.

“Technisch und angesichts des Enthusiasmus der Anleger sieht es kurzfristig etwas angespannt aus, und bis Februar oder März nächsten Jahres besteht immer noch grosse Unsicherheit”, erläuterte Orton in einem Interview mit Bloomberg. Es bestehe die Möglichkeit weiterer Lockdowns, da die Covid-19-Fälle zunehmen und US-Präsident Donald Trump eine Neuauszählung in Georgia fordert, was beides kurzfristig zu Unsicherheiten führen könnte, fügte er hinzu.

Seiner Ansicht nach sind Energie- und Finanzunternehmen die grössten Wertfallen, da beide Sektoren vor „strukturellen Herausforderungen“ stehen. Stattdessen würde er sich kurzfristig „für Wachstum positionieren, aber zur Zyklizität tendieren”, sagte Orton.

Als Beispiele nannte er Kreditkartenunternehmen wie Visa Inc. und Mastercard Inc., die eine Wette auf die Wiedereröffnung der Weltwirtschaft darstellten. Er mag auch Halbleiterunternehmen und Halbleiter-Anlagenbauer.

Antäuschung

Gleicherweise ist Invescos leitender Stratege Talley Leger der Ansicht, dass die positiven Impfstoffnachrichten möglicherweise nicht ausreichen, um der Weltwirtschaft eine nachhaltige Erholung zu bescheren und die Umschichtung in Wertaktien zu dämpfen. „Es könnte sich möglicherweise als eine weitere Antäuschung erweisen, von denen wir in letzter Zeit recht viele gesehen haben“, sagte er gegenüber Bloomberg in einem Interview.

Der MSCI World Value Index ist seit dem 30. Oktober um 13 Prozent gestiegen, während sein Wachstumspendant um 9 Prozent zugelegt hat. Jedoch kommt der Wachstumsindex in diesem Jahr immer noch auf ein Plus von 25 Prozent, während der Substanzwert-Index um 7,9 Prozent gesunken ist.

Leger glaubt, dass es nur dann zu einer anhaltenden Wertrotation gekommen sein könnte, wenn es eine geeinte US-Regierung gegeben hätte, die ein umfangreiches Fiskalpaket hätte auf den Weg bringen können. “Letztendlich werden wir also zu der alten Normalität zurückkehren, in der Technologie und Wachstum besser abschneiden”, fügte er hinzu.

Orton bevorzugt immer noch Large-Cap-Technologieunternehmen wie Microsoft Corp.. und Amazon.com Inc., mit ihrem „langfristigen strukturellen Rückenwind“ und nicht nur den Work-From-Home-Vorteilen.

Leger hält an seiner Empfehlung fest, längerfristig in risikoreiche Vermögenswerte zu investieren, einschliesslich zyklischer Unternehmen und Unternehmen mit geringerer Marktkapitalisierung, wobei er Aktien gegenüber Anleihen bevorzugt.

(Bloomberg)