Es ist kein Geheimnis, dass günstige ETF ein grosses Geschäft für Blackrock sind. Im letzten Jahrzehnt die unter iShares vermarktete ETF-Familie des Vermögensverwalters zur beliebtesten weltweit geworden und hat fast zwei Billionen Dollar an Kundengeldern angesammelt.

Der iShares Core S&P 500 ETF berechnet eine Verwaltungsgebühr von nur 0,04 Prozent des Kapitals pro Jahr oder knapp 40 US-Cent pro 1000 Dollar. Manche werden sich fragen, wie Blackrock mit so geringen Provisionen Geld verdienen kann. Selten indes ist die Rede davon, wie viel von den ETF-Erträgen - die grösste Einnahmequelle von Blackrock - aus kleineren, hochpreisigen Angeboten stammt.

Blackrock gibt nicht bekannt, wie viel die Gesellschaft mit einzelnen ETF verdient. Berechnungen des Finanznachrichtendienstes Bloomberg indessen zeigen, dass fast die Hälfte der ETF-Erträge des Unternehmens auf seine hochpreisigen Produkte entfällt, die bei Hedgefonds und anderen professionellen Anlegern beliebt sind. Ganz anders sieht es bei den grossen Konkurrenten wie Vanguard Group undState Street aus, die in erster Linie Privatkunden in ihre kostengünstigen ETF locken wollen.

Preiskampf in der ETF-Branche

In einer Zeit, in der der offenbar nie endende Preiskampf der Fondsbranche die ETF-Gebühren immer näher in Richtung Null bringt, könnte es riskant sein, sich auf kostenintensive ETF zu verlassen. Derzeit stellen die margenstarken ETF noch einen entscheidenden Puffer für Blackrock dar, da die Branche sich selbst kannibalisiert.

Blackrock hat jedoch viel mehr zu verlieren, wenn die Anleger diese ETF für kostengünstigere Alternativen aufgeben. Würde die Gesellschaft die ETF-Gebühren so senken, dass sie den Kosten von Vanguard weitgehend entsprechen, könnte das einer groben Schätzung zufolge das Unternehmen Jahreserlöse von 3 Milliarden Dollar und mehr kosten.

Zwar hat Blackrock in den letzten Jahren ein "Kern"-Sortiment von kostengünstigen Fonds für Anleger eingeführt, die diese kaufen und halten wollen. Jedoch bevorzugen institutionelle Investoren seit langem die etablierten und kostspieligeren ETF der Gesellschaft, weil sie einfach zu handeln sind, sagt Ben Johnson, Leiter Analyse Passive-Strategy bei Morningstar.  "Warum soll Blackrock die Gans töten, die goldene Eier legt?", sagt er. 

Indexfonds ohne Gebühren

In den letzten Monaten haben eine Reihe von Fondsanbietern, darunter Vanguard und Blackrock selbst, die Gebühren in einer der bislang aggressivsten Preissenkungsrunden der Branche reduziert. Ein Neuanbieter ging sogar so weit, dass er Anlegern für Investments in seinen ETF Geld zahlte. Und Fidelity Investments bietet bereits einige traditionelle Index-Publikumsfonds ohne Gebühren an.

Während der Trend zu niedrigeren Gebühren den Boom bei Passivinvestments anheizt und den Besitz von ETF günstiger als je zuvor gemacht hat, zahlen die Anbieter die Zeche. Die Gebühreneinnahmen sind gesunken, die Gewinnmargen sind niedriger, und einige Unternehmen haben Stellen gestrichen. Die Aktien der grössten börsennotierten Vermögensverwalter, die Anfang 2018 auf Rekordhöhe stiegen, sind um fast 30 Prozent von diesen Höchstständen gesunken.

Ertragsperlen wie der iShares MSCI Emerging Markets ETF, der das Tickersymbol EEM hat und eine Gebühr von 0,69 Prozent verlangt, 17mal so viel wie der iShares Core S&P 500, zeichnen Blackrock aus. Von den 879 iShares-ETF, die von Bloomberg verfolgt wurden, weisen 393 Kostenquoten von 0,4 Prozent oder mehr auf. Sie machen zwar nur ein Fünftel des Kapitals von iShares aus, aber die Fonds sind für rund 48 Prozent der gesamten ETF-Erträge von Blackrock verantwortlich. State Street und Vanguard sind entgegengesetzt orientiert. State Street erhält 48 Prozent seiner ETF-Einnahmen aus SPDR-Fonds, deren Kostenquoten unter 0,2 Prozent liegen. Für Vanguard sind es mehr als 90 Prozent.

Blackrock profitiert von reinem Volumen

Wie konnte Blackrock diese überdurchschnittlich hohen Gebühren halten? Die Antwort liegt teilweise im reinen Volumen des Angebots. Möchten Sie in russische Aktien investieren? State Street und Vanguard haben hier nichts zu bieten. IShares verfügt jedoch über zwei auf Russland fokussierte ETF, die beide mehr als 0,6 Prozent verlangen. Eine grosse Anzahl der hochpreisigen ETF von Blackrock konzentriert sich auf ein einzelnes Land oder eine bestimmte Branche.

Und selbst wenn die Konkurrenz ein kostengünstigeres Produkt hat, werden iShares-ETF häufig noch von Institutionellen bevorzugt, die grosse Mengen an Aktien kaufen und verkaufen. Sie werden breiter gehandelt, was es für Hedgefonds, die gegen bestimmte Sektoren wetten wollen, einfacher macht. "Für den professionellen Handel ist die Kostenquote nahezu bedeutungslos", sagt Eric Balchunas, ein ETF-Analyst bei Bloomberg Intelligence. "Wenn Sie einen dieser superliquiden ETF haben, kommt es einem Diamanten gleich. Es ist, als hätten Sie ein Haus am Strand. Die Liquidität macht Sie immun gegen den Gebührenkrieg."

Einnahmen aus Basisgebühren rückläufig

Doch nun: Im ersten Quartal erholte sich Blackrock von einem schwierigen Jahresende 2018, und das verwaltete Kapital stieg auf 6,5 Billionen Dollar. Die Einnahmen aus den Basisgebühren verzeichneten jedoch den stärksten Rückgang seit sieben Jahren, geht aus aufsichtsrechtlichen Meldungen hervor. Blackrock sagte, dass der Rückgang vor allem auf den Markteinbruch im vierten Quartal und die anhaltende Aufwertung des Dollar zurückzuführen sei.

Es besteht die Gefahr, dass Blackrock grösseren Ertragsrückgängen ausgesetzt sein könnte, wenn sowohl grosse als auch kleine Anleger ernst machen und ihren höherpreisigen ETF den Rücken kehren.

Es gibt Anzeichen dafür, dass sich genau diese Entwicklung anbahnt. Die gesamten Aktiva des iShares MSCI Emerging Markets ETF sind in den letzten zwölf Monaten um rund 12 Prozent gesunken. (Zur Einordnung: der Aktienkurs fiel um etwas mehr als 4 Prozent, was bedeutete, dass ein erheblicher Teil des Rückgangs auf Abflüsse von Kundengeldern zurückzuführen war.) Im gleichen Zeitraum sind die Aktiva des iShares Core MSCI Emerging Markets ETF, Ticker IEMG, um rund 10 Milliarden Dollar gestiegen, was das verwaltete Kapital auf über 60 Milliarden Dollar hat anwachsen lassen. Mit 0,14 Prozent beträgt die Kostenquote nur ein Fünftel des Betrags für den EEM.

"Blackrock ist klug, Einnahmen herauszupressen, indem sie vorerst an den grösseren, liquideren Fonds zu höheren Kosten festhält", sagt Balchunas. "Aber irgendwann werden die billigeren Fonds übernehmen."

(Bloomberg/cash)