Bis Anfang April war bei Von Roll die Welt noch in Ordnung. Der Aktienkurs pendelte zuvor während Monaten in einer engen Bandbreite zwischen 2,00 und 2,20 Franken. Selbst schlechte News wie der abrupte Abgang des CEO Matthias Oppermann im vergangenen Dezember noch die schlechten Jahreszahlen 2012, die im März den Anlegern präsentiert wurde, vermochten den Titel ins Schlingern zu bringen.

Seit gut zehn Tagen sieht die Welt der Von-Roll-Aktionäre diametral anders aus. Seit dem 8. April ist der Aktienkurs von 2 Franken bis am Donnerstag um gut 30 Prozent auf 1,41 Franken abgestürzt. Das ist zugleich die tiefste Notierung seit dem 15. Januar 2005. Zu dieser Verkaufswelle beigetragen hat ein negativer Analystenbericht der Bank Vontobel, die am Mittwoch publiziert wurde.

Alle Ziele klar verfehlt

In einer Studie kommt Analyst Andy Schnyder zum Schluss, dass das erste Jahr der neuen Strategie ein Fehlschlag gewesen sei. "Alle Ziele wurden klar verfehlt", so Schnyder. Er geht davon aus, dass 2013 ein weiteres Übergangsjahr wird, so dass sich frühestens ab 2014 eine Neubeurteilung der Lage aufdrängt.

Auf dem heutigen Stand sind die Von-Roll-Titel gemäss Schnyder "in jeder Hinsicht überbewertet". Er hat die Aktie deshalb von "Hold" auf "Reduce" heruntergestuft und das Kursziel massiv gesenkt - von 2,05 auf 1,20 Franken.

Bereits gibt es im Markt Stimmen, die bei einem weiteren Kursrückgang ein Rückzug des Unternehmens von der Börse nicht mehr ausschliessen, wie einer Anlegernotiz einer Schweizer Privatbank zu entnehmen ist.

Solche Going-Private-Gerüchte sind bei Von Roll nicht neu. Bereits im letzten August wurde in Schweizer Finanzmedien spekuliert, ob die Industriellenfamilie Von Finck mit einem solchen Schritt planen. Der deutsche Grossaktionär hat in den letzten Jahren eine Beteiligung von 67,4 Prozent zusammengekauft. Letztmals überschritten die von Fincks eine meldepflichtige Schwelle vor fünf Jahren. Wie hoch die aktuelle Beteiligungsquote ausfällt, ist deshalb nicht bekannt.

Keine Antworten zu möglichem Going-Private

Im letzten Sommer gab das Unternehmen auf Fragen zu möglichen Going-Private-Absichten keine Antworten. Bis heute ist unklar, welches Konzept die von Fincks mit dem Schweizer Energietechnikzulieferer verfolgen. Bekannt ist lediglich, dass das Von-Roll-Investment dem wichtigsten Aktionär hohe Verluste eingebracht hat. Mit dem jüngsten Einbruch dürfte der Verlust gegen eine Milliarde Franken tendieren

So lange sich bei Von Roll keine Trendumkehr abzeichnet und kein deutliches Umsatzwachstum einsetzt, bleiben die Von-Roll-Aktien für Anleger ein Tabu-Thema - auch bei den derzeit optisch günstigen Aktienkursen.