Die Corona-Pandemie hat die USA weiter fest im Griff: Angesichts der hohen Zahl an Neuinfektionen und ausbleibender Konjunkturhilfen haben sich die Hoffnungen auf eine schnelle Belebung der Wirtschaft zerschlagen. Wie stark die Krise die US-Banken trifft, erfahren die Anleger in der neuen Woche: Am Dienstag legen JP Morgan und Citi ihre Zahlen für das dritte Quartal vor, gefolgt von Bank of America, Wells Fargo und Goldman Sachs am Mittwoch sowie Morgan Stanley am Donnerstag. Analysten erwarten Gewinneinbrüche von bis zu 60 Prozent.

Kreditausfälle, die stark gesunkenen Zinsen und eine gedämpfte Kreditnachfrage setzen den Geldhäusern zu. Nachdem die US-Banken ihre Vorsorge für faule Kredite im ersten Halbjahr kräftig nach oben geschraubt hatten, dürften die Belastungen durch drohende Kreditausfälle im dritten Quartal Analysten zufolge niedriger ausgefallen sein. Doch die Aussichten sind mau: Die USA melden täglich mehr als 40'000 Corona-Neuinfektionen, Beschränkungen im Kampf gegen das Virus setzen der Konjunktur weiter zu, die Arbeitslosigkeit bleibt hoch.

Die Wirtschaft könne in eine Abwärtsspirale geraten, falls das Virus nicht effektiv eingedämmt werde, warnte US-Notenbank-Chef Jerome Powell vor wenigen Tagen. Zugleich machte er sich für ein weiteres Konjunkturpaket stark - kurz bevor US-Präsident Donald Trump die Verhandlungen darüber im Kongress für gescheitert erklärte. Unternehmen und Haushalte benötigten mehr Unterstützung, sagte der Fed-Chef.

Niedrige Zinsen und schwächelnde Kreditnachfrage

Auch die sinkenden Zinsüberschüsse belasten die amerikanischen Geldhäuser. Im Kampf gegen die Krise hat die Fed den Leitzins auf Null Prozent gesenkt, die verunsicherten Verbraucher halten ihr Geld zusammen, schrecken vor Neuanschaffungen zurück und nehmen weniger Kredite auf. Die Verbraucher zahlten mehr Kreditkartenschulden zurück und Unternehmen, die sich zu Beginn der Krise mit vergleichsweise teuren Kreditlinien vollgesaugt haben, führten diese schnell zurück, beobachtet JP-Morgan-Finanzchefin Jennifer Piepszak. Zudem hat die US-Notenbank die Märkte mit Liquidität geflutet. All das hat die Zinsmarge der Banken auf den niedrigsten Wert seit Jahrzehnten gedrückt.

Diese Entwicklung setzt vor allem Finanzinstitute wie Wells Fargo zu, die stark vom Kreditgeschäft abhängig sind. Vom Datenanbieter Refinitiv befragte Analysten rechnen bei der Bank aus San Francisco mit einem Gewinneinbruch um fast 60 Prozent auf 1,9 Milliarden Dollar. Auch die Citigroup mit ihrem grossen Kreditkartengeschäft dürfte es erneut schwer treffen - obwohl sie auch im florierenden Investmentbanking ein grosses Rad dreht. Hier erwarten die Analysten ebenfalls einen Gewinneinbruch von fast 60 Prozent auf 1,8 Milliarden Dollar.

Bei JP Morgan und Bank of America dürften die Gewinne den Analysten zufolge jeweils um knapp ein Viertel auf 6,6 Milliarden Dollar beziehungsweise 4,1 Milliarden Dollar schrumpfen. Goldman Sachs und Morgan Stanley, die sich stärker auf das Kapitalmarktgeschäft konzentrieren, sollten mit Gewinneinbussen im einstelligen Prozentbereich dagegen vergleichsweise glimpflich davon gekommen sein.

Markt für Börsengänge boomt

Denn das Geschäft mit der Platzierung von Anleihen und Aktien brummte auch im dritten Quartal, der weltweite Markt für Börsengänge boomt. Unternehmen heuerten die Wall-Street-Häuser an, um sich in der Krise frisches Geld am Kapitalmarkt zu besorgen. Und der Handel mit Aktien, Anleihen, Devisen und Rohstoffen profitierte von der Erholung an den Finanzmärkten, die US-Börsen stiegen zeitweise auf Rekordhochs.

Der Deutschen Bank zufolge stellten die US-Banken für das dritte Quartal im Schnitt einen Ertragsanstieg im Handelsgeschäft um zwölf Prozent in Aussicht. Deutschlands grösstes Geldhaus habe sich hier mindestens so gut geschlagen wie die US-Rivalen, erklärte die Deutsche Bank jüngst. Doch von den Milliardengewinnen der Wall-Street-Häuser kann sie nur träumen: Die von Refinitiv befragten Analysten erwarten im Schnitt einen Verlust von gut 70 Millionen Euro. 

(Reuters)