Maschinen zur Strassenreparatur sind Insidern zufolge über den Grenzübergang Rafah in das Palästinenser-Gebiet geschickt worden, um beschädigte Strassen für Hilfslieferungen vorbereiten zu können. Mehr als hundert Lkw warteten am Donnerstag auf der ägyptischen Seite darauf, die Grenze passieren zu können. Allerdings sei nicht damit zu rechnen, dass die Lieferungen vor Freitag durchkämen, hiess es in ägyptischen Sicherheitskreisen. Weitere Hilfsgüter befinden sich in der ägyptischen Stadt Al-Arisch, rund 45 Kilometer von Rafah entfernt.

Rafah ist der einzige Grenzübergang Ägyptens zum Gazastreifen, er war nach den ersten israelischen Luftangriffen nach dem Hamas-Überfall geschlossen worden. Zwei weitere Übergänge liegen an der Grenze zu Israel. Israel hat den Gazastreifen seit dem überraschenden Grossangriff der dort herrschenden radikal-islamischen Palästinenser-Organisation Hamas am 7. Oktober abgeriegelt und die Strom- und Wasserzufuhr gekappt. Die Lage für die 2,3 Millionen Einwohner des dicht besiedelten Küstengebiets wird seitdem immer dramatischer. Bereits vor dem jüngsten Konflikt waren die meisten Bewohner von Hilfslieferungen abhängig. Nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) brachten täglich rund 100 Lkw Güter in das Gebiet.

Ägpten will Grenzübergang für Hilfen öffnen

Ägypten hatte sich am Mittwoch dazu bereiterklärt, den Grenzübergang bei Rafah zu öffnen, um bis zu 20 Lkw mit Hilfsgütern durchzulassen, wie US-Präsident Joe Biden nach einem Telefonat mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah Al-Sisi sagte. Israel hatte erklärt, Hilfslieferungen nicht zu blockieren, solange diese nicht die Hamas erreichten. Man werde allerdings nicht zulassen, dass humanitäre Hilfe von seinem Staatsgebiet aus in den Gazastreifen gelange, solange die von der Hamas verschleppten Israelis nicht wieder frei seien. Al-Sisi befürchtet, dass die Palästinenser im Gazastreifen eine Grenzöffnung nutzen könnten, um nach Ägypten zu fliehen. Sowohl Ägypten als auch Jordanien haben eine Aufnahme von Flüchtlingen abgelehnt.

Die Bemühungen um eine Eindämmung des eskalierenden Nahost-Konflikts waren erschwert worden durch eine Explosion bei einem Krankenhaus im Gazastreifen am Dienstag. Die radikal-islamische Hamas sprach von einem israelischen Luftangriff. Israel erklärte dagegen am Mittwoch, es habe sich um eine fehlgeleitete Rakete der palästinensischen Extremistengruppe Islamischer Dschihad gehandelt. Die Extremistengruppe dementierte dies.

Laut Vertretern der Gesundheitsbehörden im Gazastreifen sind seit Beginn der israelischen Bombardierungen bisher fast 3800 Menschen getötet und mehr als 12.000 verletzt worden. Nach UN-Angaben ist die Hälfte der Bewohner des Palästinenser-Gebiets obdachlos. Israel hat die Bewohner von Gaza-Stadt wiederholt zu einer Evakuierung in den Süden aufgefordert.

Die internationale Krisen-Diplomatie ging weiter. Der britische Premierminister Rishi Sunak traf am Donnerstag in Israel ein. In einem zum Teil im Fernsehen übertragenen Gespräch mit dem israelischen Präsidenten Isaac Herzog sagte er: «Wir stehen an Ihrer Seite in Solidarität mit Ihrem Volk und Ihrem Recht, sich selbst zu verteidigen, um Ihrem Land und Ihrem Volk Sicherheit zurückzugeben und die sichere Rückkehr der entführten Geiseln zu gewährleisten.» Sunak betonte zudem, dass humanitäre Hilfe für die Bewohner des Gazastreifens wichtig sei.

Bundeskanzler Olaf Scholz bekräftigte in einer Regierungserklärung im Bundestag die klare deutsche Unterstützung für Israel im Kampf gegen die Hamas, mahnte aber auch nötige Hilfe für die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen an. Es müsse alles dafür getan werden, dass es nicht zu einem Flächenbrand im Nahen Osten komme. Er forderte zudem die Freilassung der Geiseln in den Händen der Hamas ohne Bedingungen. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius besuchte am Donnerstag im Libanon «kurzfristig» die Unifil-Mission, wie das Ministerium über die Plattform X mitteilte. Die Bundeswehr beteiligt sich aktuell mit rund 140 Soldaten an dem Einsatz, die im Hauptquartier im Libanon und auf der Korvette «Oldenburg» ihren Dienst tun. Bundesaussenministerin Annalena Baerbock wollte noch am Donnerstag erneut in den Nahen Osten reisen. Die Reise mit Besuchen in Jordanien, Israel und dem Libanon ist bis Freitag geplant. «Unsere unverbrüchliche Solidarität gilt Israel im Kampf gegen die Hamas», erklärt Baerbock vor ihrer Abreise.

(Reuters)