"Das Wort Jahresendrally nimmt kaum einer in den Mund, obwohl sich der Dax gerade in einer solchen befinden könnte", sagt Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. "Das gedämpfte Sentiment könnte auch darauf schliessen lassen, dass die Mehrheit der Anleger noch nicht wieder im Markt ist." Das erhöhe die Chancen für eine Fortsetzung der Kursanstiege. In der alten Woche legte der deutsche Leitindex rund zwei Prozent zu und kletterte zeitweise sogar auf ein Rekordhoch von 16'064,79 Punkten.

Der Schweizer SMI zeigte am Montag nach vier Gewinntagen in Folge erstmals wieder zu Gewinnmitnahmen auf hohem Niveau. Der SMI büsste 0,7 Prozent auf 12'322 Punkte ein. Im Wochenvergleich ergab sich dennoch ein stattliches Plus von 1,8 Prozent, es ist das fünfte in Folge.

Rückenwind versprechen sich Analysten vor allem von der starken Bilanzsaison, die weiter auf vollen Touren läuft. Dem Datenanbieter Refinitiv zufolge sind die Gewinne europäischer Firmen im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um gut 57 Prozent auf insgesamt 102,3 Milliarden Euro gestiegen.

In der Schweiz legen nächste Woche unter anderem Alcon, Swiss Life, die Zurich Insurance Group und Richemont Zahlen vor.  

Positive Gewinnaussichten - alternativlose Aktien

Zwar hätten die Unternehmen die Gewinnerwartungen unter dem Strich weniger stark übertroffen als in den vorangegangenen Quartalen, sagt Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank. Ihre Prognosen für die Gewinne im kommenden Jahr hätten die Analysten aber vergleichsweise deutlich angehoben. "Besonders positiv fielen die Revisionen in den Sektoren Energie, Versorger, Finanzen und IT aus."

Die starke Bilanzsaison sei allerdings nur das Sahnehäubchen, warf Salman Ahmed, Chef-Volkswirt des Vermögensverwalters Fidelity, ein. Aktien seien wegen der anhaltend negativen Realzinsen weiter alternativlos. Weil die Inflation höher ist als die Rendite von Anleihen oder der Sparzins, verlieren Investoren bei diesen Anlagen Geld. US-Notenbank Fed und Europäische Zentralbank (EZB) haben unlängst klargestellt, dass Zinserhöhungen auf absehbare Zeit kein Thema sind. Die Bank von England (BoE) scheute vor einem solchen Schritt zunächst zurück.

Stephane Deo, Chef-Anlagestratege des Vermögensverwalters Ostrum, mahnt jedoch zur Vorsicht. "Die Berichtssaison ist nur ein Blick in den Rückspiegel. Bei den sehr hohen Gewinnspannen können die Aussichten nur weniger euphorisch sein." Daher sei der Markt anfällig für Kursrücksetzer, vor allem wenn die Spekulationen auf Zinserhöhungen zunähmen.

Wenig relevante Konjunkturdaten

Bei den Konjunkturdaten wird es nach dem prall gefüllten Kalender der Vorwoche ruhiger. Unter anderem steht am Dienstag der ZEW-Index, der die Stimmung der deutschen Börsenprofis widerspiegelt, auf dem Terminplan. Hier erwarten Analysten für November eine Verschlechterung auf 19 Punkte von 22,3 Zählern im Vormonat.

Am Tag darauf folgen die US-Inflationsdaten. "Die erhoffte Abschwächung der Inflation scheint sich vorerst nicht zu materialisieren", sagt Commerzbank-Volkswirt Bernd Weidensteiner. Er rechne mit einer Rate von fast sechs Prozent im Oktober.

(Reuters/cash)