Die US-Notenbank Fed will den in der Corona-Pandemie aufgedrehten Geldhahn allmählich abdrehen. Experten erwarten für die Zinssitzung heute (Mittwoch) einen Beschluss, die Wertpapierkäufe im Volumen von derzeit monatlich 120 Milliarden Dollar Zug um Zug zu verringern. Die im Fachjargon als Tapering bekannte Operation markiert eine geldpolitische Trendwende, die an den Finanzmärkten Spekulationen auf eine Zinserhöhung im nächsten Jahr auslöste.

Fed-Chef Jerome Powell hatte jüngst erklärt, es sei zwar an der Zeit, die Hilfen zurückzufahren, aber nicht die Zinsen zu erhöhen. Dies wäre verfrüht, betonte er. Derzeit liegt der Leitzins in einer Spanne von null bis 0,25 Prozent. "Die Fed wird sich aber zunächst bemühen, diese Debatte nicht noch weiter anzuheizen", meint Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. 

Wie reagiert Powell auf die Inflation? 

Mit den Ankäufen von Staatsanleihen und Hypothekenpapieren in grossem Stil ist die Bilanz der Notenbank auf rund acht Billionen Dollar angewachsen. Laut Powell könnte das Tapering bereits Mitte nächsten Jahres abgeschlossen sein, womit es mit den Zukäufen dann ein Ende haben würde. Die Entscheidung der Fed steht auch vor dem Hintergrund der rasant steigenden Inflation an, die an der Kaufkraft der Verbraucher nagt. Im September kletterte die Teuerungsrate auf 5,4 Prozent und damit weit über das Ziel der Fed von zwei Prozent hinaus. 

Kopfzerbrechen dürfte den Währungshütern auch bereiten, dass die Konjunktur im Sommer mit einem Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) um annualisiert 2,0 Prozent leicht schwächelte. "Die niedrigere Gangart der US-Wirtschaft sollte die US-Notenbank jedoch nicht davon abhalten, ihr Anleihekaufprogramm auslaufen zu lassen", meint LBBW-Ökonom Dirk Chlench. Die gesunkenen Corona-Fallzahlen sollten dazu beitragen, dass das Wachstum im vierten Quartal wieder etwas höher ausfallen werde.

Die geldpolitische Trendwende stehe bevor, meint auch Chefökonom Thomas Gitzel von der Liechtensteiner VP Bank. Für die ultra-expansive Linie als Antwort auf die Pandemie und ihre wirtschaftlichen Folgen bestehe schlicht keine Notwendigkeit mehr. Gitzel verweist darauf, dass die Fed im Zuge der Corona-Krisenpolitik ihre Anleihebestände glatt verdoppelt habe: Ihr Wertpapierbesitz liege nun bei rund acht Billionen Dollar.

BofA sieht unruhige Zeiten an den Börsen

Es sei nur eine Frage der Zeit, bis der Aktienmarkt gezwungen sei, das zunehmend ungünstige politische Umfeld für einen von der Zentralbankliquidität abhängigen Markt einzupreisen, schreiben Analysten der Bank of America (BofA), darunter Gonzalo Asis, in einer Notiz. Die Zinsmärkte würden angesichts der makroökonomischen Lage immer nervöser und preisten plötzliche grosse Änderungen der Zentralbankpolitik in den kommenden Monaten ein, während die Aktienmärkte bisher relativ unbeeindruckt von der Erwartung von Zinserhöhungen blieben.  Es sei unwahrscheinlich, dass diese Divergenz anhalte. 

(Reuters/Bloomberg/cash)