Der Vorwurf wiegt schwer: US-Präsident Donald Trump bezichtigt Deutschland der Währungsmanipulation. Nur so lasse sich ihm zufolge der milliardenschwere Handelsbilanzüberschuss beim drittwichtigsten Handelspartner erklären.

Dass Deutschland schon eine ganze Weile nicht mehr Herr über die eigene Geldpolitik ist, scheint sich Trump allerdings nicht im Klaren zu sein. Die Federführung hat nämlich die Europäische Zentralbank (EZB) unter ihrem italienischen Vorsitzenden Mario Draghi.

Aus aktuellem Anlass gehen die Wirtschaftsökonomen der französischen Investmentbank Natixis nun der Frage nach, ob der im Raum stehende Vorwurf tatsächlich gerechtfertigt ist. Sie kommen zum Schluss, dass die EZB-Politik nicht auf eine Schwächung des Euro abzielt, so viel sei schon mal vorwegzunehmen.

Erster Eindruck täuscht

Seit 2015 verfolgt die EZB eine ultralockere Geldpolitik. Im März des besagten Jahres rief sie ihr Wertpapierkaufprogramm ins Leben, im Rahmen welchem sie noch heute Monat für Monat Schuldtitel im Gegenwert von 60 Milliarden Euro erwirbt. Wie die Natixis-Ökonomen schreiben, führte die Geldpolitik zu einem Kapitalabfluss aus Europa. Das wiederum schwächte den Euro. Ein Blick auf den Kurschart zeigt allerdings: Gegenüber dem Dollar notiert die Einheitswährung nur geringfügig tiefer als zum Beginn der milliardenschweren Wertpapierkäufe.

Kursentwicklung des EUR/USD seit Januar 2013; Quelle: www.cash.ch

Für die Experten zielt die Geldpolitik der EZB denn in erster Linie auch auf tiefe Langfristzinsen und nicht auf tiefere Eurokurse ab. Dabei stehe eine Linderung für die hochverschuldeten europäischen Peripheriestaaten im Vordergrund, so lautet ihre Überzeugung. Mit anderen Worten: Anders als US-Präsident Donald Trump behauptet, rücken die Interessen Deutschlands bei der EZB-Politik in den Hintergrund.

Auch die SNB unter Verdacht

Ausserdem verweisen die Ökonomen auf die vergleichsweise geringe Preiselastizität des europäischen Aussenhandels. Diese führt dazu, dass ein schwächerer Euro das Wirtschaftswachstum nicht ankurbelt, sondern gegebenenfalls sogar dämpft.

Doch nicht nur Deutschland und der EZB, auch der Schweizerischen Nationalbank (SNB) mit ihren Interventionen gegen einen stärkeren Franken wirft Washington Währungsmanipulation vor. Erst im Oktober letzten Jahres setzte das US-Schatzamt die Schweiz in einem halbjährlich erscheinenden Bericht auf eine schwarze Liste. Wie es in Expertenkreisen heisst, ist zwar nicht mit unmittelbaren Folgen für unser Land zu rechnen. Der Bericht diene der US-Regierung jedoch als Grundlage für die Handelspolitik und könne ein Vorbote für mögliche Sanktionen sein, so der Tenor.

Neben der Schweiz befinden sich auch Länder wie China und Japan oder eben auch Deutschland auf der Liste. Einige Experten bezichtigen übrigens aus die USA der Währungsmanipulation und verweisen dabei auf die Entwicklung des Dollarkurses über die letzten Jahrzehnte.