Der Bitcoin setzt seinen Abwärtskurs in der ersten Woche des neuen Jahres fort: Am Freitagmorgen fiel die wichtigste Kryptowährung vorübergehend unter 42'000 Dollar – der tiefste Wert seit September. Der gesamte Token-Markt zeigt nach unten, inzwischen wurden laut der Plattform Coinmarketcap rund 200 Milliarden Dollar vernichtet. Und die Marktkapitalisierung ist wieder unter zwei Billionen Dollar gefallen. Zum Vergleich: Der Börsenwert von Apple beträgt drei Billionen Dollar.  Doch was ist für die Talfahrt verantwortlich?

1. Zinsen werden schneller angehoben

Kryptowährungen sind und waren schon immer starken Kursschwankungen ausgesetzt – doch jetzt scheinen die Gründe klarer zu sein. Die US-Notenbank Fed denkt zunehmend offen darüber nach, die Zinsen anzuheben, und zwar schneller als bisher angenommen. Diese Aussicht belastet die Aktienmärkte stark und führt zu einem Ausverkauf der Tech-Titel. Diese Stimmung wirkt sich auch auf die Krypto-Anleger aus, und auch sie reagieren auf die Zinssorgen mit Verkäufen. 

2. Das digitale Gold ist keines

Bitcoin wird einst als "das neue Gold" bezeichnet: Die Anhänger taten, als ob die Kryptowährung eine Alternative zum herkömmlichen Geld sei und folglich zur Sicherung in Krisenzeiten dienen könnte. Das Argument dabei: Bitcoin ist wie Gold ein begrenztes Gut, die Kryptowährung ist auf 21 Millionen Coinsbeschränkt. Aber inzwischen zeigt sich: In Phasen, wo die herkömmlichen Finanzmärkte rumpeln, profitieren Bitcoin & Co nicht, sie funktionieren nicht als "Hedge". Sondern sie taumeln mit. Und bei Bitcoin scheinen auch geopolitische oder politische Konflikte keine solchen signifikanten Auswirkungen zu haben. 

3. Kasachstan-Krise wirkt sich auf das Mining aus

Die Regierung in Kasachstan hat Anfang der Woche das Internet und das Mobilfunknetz abgeschaltet. Dies hat auch unmittelbare Auswirkungen auf das Schürfen von Bitcoin ("Mining"). Nachdem China im letzten Jahr rigoros gegen Krypto-Miner vorgegangen ist, zogen viele ins benachbarte Kasachstan um. Vor allem, weil dort die Energiekosten niedrig sind und kaum Regulierungen vorhanden waren. Inzwischen ist Kasachstan der zweitwichtigste Staat zur "Herstellung" von Bitcoin. 

Die Abschaltung des Internets hat einen Rückgang der "Hashrate" (Masseinheit beim Mining) verursacht: Es werden weniger Bitcoins produziert. Nun besagt das ökonomische Lehrbuch allerdings, dass die BTC-Preise in dieser Situation nicht sinken sollten – im Gegenteil, sie müssten steigen. Oder anders dargestellt: Sollten in Südafrikas Goldminen einmal Unruhen ausbrechen, so würde der Preis des richtigen Goldes sicherlich sofort nach oben springen. Tatsächlich ist der Zusammenhang zwischen der Lage in Kasachstanund dem Bitcoin-Preis offenbar sehr indirekt: Die Entwicklung "gibt eine Indikation für die Sicherheit des Netzwerks, so dass ein Einbruch (der Rechenleistung) die Investoren kurzfristig erschrecken kann": So erklärt es Marcus Sotiriou, Analyst beim britischen Broker "GlobalBlock".

Jedenfalls müssen sich die Miner in Kasachstan nun womöglich bald wieder ein neues Land suchen – zumal die Unruhen in Almaty ja wegen der Energiepreise ausbrachen und der Stromverbrauch der BTC-Industrie gewaltig ist. Aber auch der Kosovo hat mit Hinweis auf die knappen Energiereserven das Schürfen von Kryptowährungen verboten. 

4. Neuer Image-Schlag für Kryptowährungen

Wer Kryptowährungen skeptisch gegenübersteht, wurde nun in seiner Meinung bekräftigt: Kriminelle haben im vergangenen Jahr über 14 Milliarden Dollar an Kryptowährungen erbeutet. Das ist so viel wie noch nie – und ein Anstieg um fast 80 Prozent gegenüber 2020. Das ist aber auch logisch, da der Krypto-Markt sich ebenfalls frappant vergrössert hat. Schaut man die Zahlen genau an, zeigt sie eben auch folgendes Bild: Die Rate der Krypto-Verbrechen an allen Krypto-Transaktionen sank von 0,62 Prozen im Jahr 2020 auf 0,15 Prozent im Jahr 2021, wie ein Bericht von "Fortune" zu Zahlen des Blockchain-Forschungsunternehmens Chainalysis aufzeigt. Hintergrund: Das gesamte Krypto-Transaktionsvolumen im 2021 stieg auf 15,8 Billionen US-Dollar an. Da sind über 500 Prozent mehr als im Vorjahr.

6. Grosse Bewegungen bei den «Walen»

Ein weiterer Faktor für den Kurseinbruch sind die "Wale", also Personen oder Institutionen, die eine gigantische Menge an Kryptowährungen halten. Sie besitzen so viele Coins, dass deren Käufe oder Verkäufe auf dem Markt erkennbar sind. Die Plattform "Whale Alert" zeichnet auf Twitter diese Transaktionen auf. Dabei sind Transaktionen von Bitcoins oder Ether von verschiedenen Wallets transferiert worden: (9799 ETH im Wert von über 33 Millionen Dollar oder Bitcoins im Wert von 20 Millionen Dollar).

7. Thailand erhebt eine Krypto-Steuer

Die "Bangkok Post" berichtete am Donnerstag, das thailändische Finanzministerium fordere von Krypto-Anlegern 15 Prozent Steuern auf Gewinne. Als Grund wird der wachsende Krypto-Markt genannt. Auf welche Summe diese Prozente erhoben werden, ist zwar noch unklar, aber die thailändische Regierung hat ein klares Signal gegeben. Sie fordert Krypto-Halter auf, ihre Gewinne auszuweisen, ansonsten drohen Bussen.  

8. Bitcoin-Dominanz nimmt ab

Der Anteil von Bitcoin am gesamten Krypto-Markt nimmt stetig ab – und beträgt mittlerweile nur noch 40 Prozent. Das ist der tiefste Stand seit vier Jahren. Im letzten Halbjahr hat diese Dominanz nochmals um sieben Prozent abgenommen. Die Gründe dafür sind Kapitalzuflüsse auf dem Altcoin-Markt. Als Altcoins werden alle anderen Kryptowährungen neben Bitcoin bezeichnet. Dazu gehören auch die sogenannten Stablecoins, deren Wert an bestehende Währungen wie den Dollar oder Euro gebunden werden und sie dadurch weniger volatil sind. 

(tdr/HZ)

Dieser Artikel erschien zuerst im Digitalangebot der "Handelszeitung" unter dem Titel: "Acht Erklärungen für den Bitcoin-Einbruch"