Noch bis vor wenigen Jahren liess sich mit Luxusgüteraktien aus Europa eine goldene Nase verdienen. Allerdings hebt die Flut an der Börse schon eine ganze Weile nicht mehr alle Boote. Die Namenaktie von Richemont trennen gut 30 Prozent von ihrem Rekordhoch, die Inhaberaktie der Swatch Group sogar knapp 50 Prozent.

Anders die Aktie des französischen Luxusgüterkonzerns LVMH. Sie kletterte bei 182,90 Euro vor wenigen Tagen auf den höchsten Stand in der traditionsreichen Firmengeschichte. Bei uns in der Schweiz ist das Unternehmen vor allem als Mutterhaus der Uhrenfirmen Hublot, Zenith und TAG Heuer ein Begriff. Seit März 2014 ist der langjährige Hublot-Chef Jean-Claude Biver bei den Franzosen für das gesamte Uhrengeschäft verantwortlich.

Ein breit abgestütztes Geschäftsmodel

LVMH steht für Louis Vuitton (Mode), Moët & Chandon (Champagner) und Hennessy (Spirituosen) und somit stellvertretend für die wichtigsten Marken unter ein-und-demselben Dach. Diese Aufschlüsselung lüftet auch gleich das Geheimnis rund um den Erfolg der Franzosen: Das Geschäftsmodell ist breit abgestützt und beschränkt sich nicht nur auf die seit knapp zwei Jahren von einem Nachfragerückgang betroffenen Produktkategorien Uhren und Schmuck.

Die LVMH-Aktie (rot) lässt jene von Richemont (grün) und Swatch Group (violett) weit hinter sich zurück; Quelle: www.cash.ch

Schätzungen zufolge trug das Uhren- und Schmuckgeschäft 2016 gerade mal 9 Prozent zum Jahresumsatz bei. 35 Prozent steuert das Modegeschäft bei, in welches auch jenes mit Lederwaren eingebettet ist. Weitere 32 Prozent stammen aus dem Detailhandel sowie von Zollfreiverkaufsstellen an Flughäfen. 13 Prozent des Jahresumsatzes erzielt LVMH hingegen mit Weinen und Spirituosen sowie 11 Prozent mit Parfümen und Kosmetikartikeln.

Zum Vergleich: Bei der Swatch Group ist das Uhrengeschäft für 97 Prozent des Jahresumsatzes, bei Richemont immerhin für knapp 30 Prozent verantwortlich. Mehr als die Hälfte des Umsatzes erzielt das Genfer Traditionsunternehmen mit Schmuck.

Warten auf erste Anhaltspunkte für das Weihnachts-Quartal

Das Uhren- und Schmuckgeschäft läuft denn auch bei LVMH eher schleppend. Dank einer starken Nachfrage in den Produktkategorien Lederwaren, Parfüm und Kosmetik konnte der französische Luxusgüterkonzern den Umsatz im dritten Quartal allerdings aus eigener Kraft (organisch) immerhin um 6 Prozent steigern. Davon können die beiden Westschweizer Rivalen bloss träumen.

Erste Anhaltspunkte auf das wichtige Vorweihnachts- und Weihnachtsgeschäft verspricht der für nächsten Donnerstag angesetzte Quartalszwischenbericht von Richemont. Die Aktionäre von LVMH müssen sich hingegen noch bis zum 26. Januar gedulden. Erst dann legt der französische Luxusgüterkonzern sein Jahresergebnis vor. Wann sich die Swatch Group zu Wort meldet, steht noch nicht fest.

Qualität hat an der Börse bekanntlich ihren Preis. Das gilt auch im Fall von LVMH. Auf Basis der nächstjährigen Konsensschätzungen wird die Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 20,7 bewertet. Auch die Dividendenrendite von 2,4 Prozent reisst niemanden vom Hocker.

Firma

KGV 2016

KGV 2017

Dividendenrendite

LVMH

23,2

20,7

2,4 Prozent

Richemont

27,2

22,7

2,7 Prozent

Swatch Group

23,6

19,3

2,6 Prozent

 

Zum Vergleich: Die Inhaberaktie der Swatch Group weist ein KGV von 19,3 und eine Dividendenrendite von 2,6 Prozent, die Namenaktie von Richemont sogar ein KGV 22,7 und eine Dividendenrendite von 2,7 Prozent auf. Dass die Valoren der beiden Westschweizer Luxusgüterhersteller bewertungstechnisch in einer ähnlichen Liga wie jene von LVMH spielen, erklären sich Analysten mit dem auf längere Sicht überdurchschnittlich hohen Erholungsbedarf im Uhren- und Schmuckgeschäft.

Gemäss Erhebungen der Nachrichtenagentur Bloomberg empfehlen von 39 Banken dennoch 28 die LVMH-Aktie zum Kauf. Zehn schätzen diese neutral ein und nur gerade eine rät zum Verkauf. Das durchschnittliche 12-Monats-Kursziel liegt bei 182,50 Euro und damit nur unbedeutend über den aktuellen Kursnotierungen.

An einem konstanten Wachstum und hohen Margen interessierte Anleger sind mit der Aktie LVMH sehr viel besser bedient als mit jenen von Swatch Group und Richemont. Das erst kürzlich ins Leben gerufene Aktienrückkaufprogramm dürfte erst der Anfang einer in Zukunft grosszügigeren Kapitalrückführung an die Aktionäre sein. Wer das Risiko stärkerer Nachfrageschwankungen in Kauf nehmen will, setzt jedoch lieber auf einen Turnaround bei den beiden Westschweizer Luxusgüterherstellern.