Der derzeitige Bieterwettkampf um das Westschweizer Traditionsunternehmen Publigroupe ist eine der interessantesten Schweizer Take-Over-Stories der letzten Jahre. Prominente Akteure aus dem Schweizer Medienkuchen spielen mit, dazu pikanterweise auch ein staatlich kontrollierter Telekom-Konzern. Am Rande erfreuen sich die Investoren über die Kurssteigerungen der Aktie. Am Schluss wird es mehrere Gewinner geben, aber auch einige Verlierer.

Was jetzt schon feststeht: Als Verliererin in dieser Partie wird als Ganzes das Unternehmen Publigroupe vom Platz gehen. Die Historie der Bieterrennen um börsenkotierte Firmen zeigt, dass am Schluss kein Stein mehr auf dem anderen bleibt. "Ein Fortbestehen von Publigroupe in der heutigen Form ist ziemlich unwahrscheinlich", sagt auch Daniel Bürki, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB), zu cash.

Eingeleitet hatte Publigroupe sein Schicksal selber. Anfang April verkaufte Publigroupe mit Publicitas sein historisches Kerngeschäft Zeitungsanzeigen. Zwei Wochen später kam das überraschende Übernahmeangebot von Tamedia für Publigroupe als Ganzes, um so an das Filetstück local.ch heranzukommen. Die Verzeichnisplattform gehört allerdings nur zur Hälfte Publigroupe, die andere Hälfte gehört Swisscom.

Die mächtige Telekom-Gesellschaft ihrerseits will local.ch nun aber ganz für sich. Das zeigte der nächste Schritt in dieser Story, als Swisscom vor drei Wochen ein 230-Millionen-Franken-Angebot für den von Publigroupe gehaltenen Teil an local.ch abgab. Der letzte Freitag dann brachte einen neuen Player im Übernahme-Poker. Marc Walder, CEO von cash-Mitherausgeber Ringier, bekundete an einem Branchenanlass ebenfalls Interesse an Publigroupe, ohne dabei spezifisch zu werden.

Mögliche Szenarien

Die Aktie von Publigroupe, bis zum Publicitas-Verkauf Anfang April von jahrelangem Siechtum befallen, kletterte nach Walders Aussagen nochmals und stieg auf 186 Franken. Sie liegt damit schon weit über dem Tamedia-Angebot von 150 Franken pro Aktie. Einen wirklichen Rückfall hat die Aktie seit Anfang April nicht mehr verzeichnet.

Das sind die Möglichkeiten, wie es im Publigroupe-Kampf weitergehen könnte:

Nächster Schritt: Tamedia erhöht das Angebot. "Tamedia müsste ihr Angebot auf etwa 200 Franken pro Aktie erhöhen, sollte der Konzern wirklich an einer Übernahme interessiert sein", sagt Bürki. In den letzten Tagen hat Tamedia fleissig Publigroupe-Aktien gekauft und den Anteil an Publigroupe deutlich von 7 auf 18 Prozent aufgestockt, wie der Medienkonzern am Mittwoch bekanntgab. Das Tamedia-Angebot an Publigroupe hat den Nachteil, dass es feindlichen Charakter hat.

Übernächtser Schritt: Ringier - oder ein weiteres Unternehmen oder Ringier mit Partner - steigt ins Bieterrennen ein. Ringier hat in jüngster Vergangenheit schon mehrere hundert Millionen Franken für Übernahmen ausgegeben, darunter (zusammen mit Tamedia) viel Geld für das Online-Jobportal jobs.ch.

Möglicher letzter Schritt: Publigroupe entscheidet sich für Swisscom und verkauft local.ch für die gebotenen 230 Millionen Franken oder mehr. Zudem veräussert Publigroupe seine fast 48 Prozent-Beteiligung am Netzwerk Zanox an Axel Springer, dem die restlichen Teile gehören. Springer könnte dann Zanox an die Börse bringen. Die restlichen Publigroupe-Vermögen wie Immobilien werden schliesslich ebenfalls veräussert und die Aktie dekotiert. Oder Publigroupe kauft den Springer-Anteil an Zanox und kann so in kleinerer Form weiterbestehen.

Für ZKB-Analyst Bürki ist es schwierig einzuschätzen, wie sich das Bieterrennen um Publigroupe weiterentwickeln wird und wer das Rennen macht. Allerdings wäre der Verkauf von local.ch an Swisscom der "einfachste Schritt", lässt er durchblicken. Swisscom sei der langjährige Partner der Publigroupe.

Um den 27. Mai will Tamedia ihr Angebotsprospekt vorlegen. Während der Dauer des Übernahmeangebots von Tamedia darf der Verkauf von local.ch an Swisscom nicht vollzogen werden.

Weit vom Rekord entfernt

Für bestehende Publigroupe-Aktionäre heisst dies: Bloss die Aktien nicht verkaufen. Denn "das Downside-Potenzial" beim Aktienkurs ist laut Bürki wegen der Übernahmesituation sehr klein. "Das ist eine sehr dankbare Situation für die Minderheitsaktionäre."

Bürki rechnet mit einem weiter steigenden Publigroupe-Notierungen. "Bei einem Aktienkurs zwischen 210 und 220 Franken ist die Luft aber wohl draussen", mutmasst er. Den Braten nicht mehr viel fetter macht der Übernahmepoker allerdings für Aktionäre, welche die Publigroupe-Titel zur Zeit der Dot.com-Blase gekauft haben. Anfang 2000 erreichte die Aktie ein Rekordhoch von 2000 Franken.